Weg-Wort vom 15. September 2010
Alte Menschen
Viele unter uns haben keinen guten Draht zu älteren Menschen. Sie sind ihnen
im Weg. Sie ekeln sich. Sie verstehen sie nicht und wollen nicht
konfrontiert werden mit dem menschlichen Zerfall. Also schiebt man sie ab in
Alters- und Pflegeheime. Es ist immer noch so, wie es das berühmte Märchen
der Gebrüder Grimm in seinem ersten Teil beschreibt:
Es war einmal ein alter Mann, dem waren die Augen trüb geworden, die Ohren
taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tisch sass und den Löffel
kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch, und es floss ihm
auch etwas wieder aus dem Mund. Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich
davor. Und deshalb musste sich der alte Grossvater hinter den Ofen in die
Ecke setzen. Und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen, und
dazu noch nicht einmal satt. Da sah er betrübt nach dem Tisch, und die Augen
wurden ihm nass.
Einmal konnten seine zittrigen Hände das Schüsselchen nicht festhalten, es
fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt ihn und kaufte ihm ein
hölzernes Schüsselchen für ein paar Groschen. Daraus musste er nun essen.
Zum guten Glück geht das Märchen aber weiter. Und vom zweiten und letzten
Teil können wir lernen:
Wie sie nun dasassen, so trug der kleine Enkel von vier Jahren kleine
Bretter zusammen. Was machst du da?, fragte der Vater. Ich mache einen
Trog, antwortete das Kind, daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich
gross bin! Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu
weinen, holten sofort den alten Grossvater an den Tisch und liessen ihn von
nun an immer mitessen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
Welche alten Menschen sollten Sie wieder einmal an Ihren Tisch einladen,
regelmässig? Welche Besuche bei alten Menschen sollten Sie dringend machen?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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