Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
 
Weg-Wort vom 16. Juli 2021
 
Selbstbewusstsein
Vor 300 Jahren waren Spiegel so teuer, dass sich nur reiche Leute einen leisten konnten. Für uns heute ist der Spiegel eine Selbstverständlichkeit: Nicht nur beim Coiffeur, sondern täglich betrachte ich mich mehrere Male im Spiegel: beim Zähneputzen, beim Händewaschen, beim Rasieren, beim Kämmen. Immer wieder stehe ich meinem äusseren Erscheinungsbild gegenüber.
Wie sehr mich diese Gewohnheit in meiner Wahrnehmung von mir selbst prägt, wurde mir bewusst, als ich Fotos von mir betrachtete. Ich stellte fest, dass ich mir auf Selfies vertrauter bin als auf anderen Fotos, weil Selfies mich spiegelverkehrt abbilden.
Der Spiegel ist dadurch für mich zu einem Sinnbild dafür geworden, dass ich mich selbst anders wahrnehme als meine Mitmenschen; und das betrifft nicht nur mein Äusseres, sondern alles, was mich als Menschen ausmacht.
Meine eigene Erkenntnis über mich selbst kann weder vollständig noch allein gültig sein. Selbstverständlich gilt das auch für das, was andere von mir denken, oder wie sie mich sehen.
Besser, als ich mich kenne, kennst du mich, Gott.
Näher, als ich mir selbst bin, bist du mir, Herr.
Johannes Petzold
(aus seiner Liedübertragung zu Psalm 139; Nr. 95 im ref. Gesangbuch)

Bild: wikimedia.commons 
 
 
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