Weg-Wort vom 19. Dezember 2006
Sinnlicher Advent
Die Adventszeit ist für mich immer auch eine sinnliche Zeit. Der Duft von
frischem Tannenreisig, vermischt mit dem Geruch brennender Kerzen lassen
altvertraute Gefühle in mir hochkommen. Die Lichter der Weihnachtsbäume
überall in den Strassen, die Lichterbogen in den Fenstern der Häuser
erfreuen mir Auge und Herz. Mandarinen und Erdnüsse schmecken mir nie besser
als in dieser Zeit.
Ich bemerke, dass ich empfindsamer bin im Advent, sinnlicher auch und
weicher. Ich rieche mehr und intensiver. Ich höre leisere und feinere Töne.
Ich bin empfänglicher für die Stimmungen der Menschen um mich. Ich nehme sie
und mich behutsamer wahr. Ich bin offener für mein Innenleben.
Und hie und da erlebe ich unverhofft, wie nahe sich Sinn und Sinnlichkeit
sind. Wenn ich zum Beispiel beim Betrachten einer brennenden Kerze ganz
gegenwärtig, ganz bei mir bin und für Momente inneren Frieden und Erfüllung
finde.
Die adventliche Stimmung schenkt mir mehr Raum und Zeit zur Besinnung und
zum Nachdenken. Ich halte häufiger inne, mitten im alltäglichen Geschehen
und spüre wohlwollend meinem Befinden nach. Ich lasse mich für eine kurze
Zeit von meinen Gefühlen, Fragen und Gedanken tragen. Ich öffne mich
leichter dem, was meine Seele berührt.
So zum Beispiel auch dem folgenden Gedicht von Barbara Ramming:
Wenn du aber kommst
dann fallen die Sterne
aus meinem zerrissenen Himmel
rings um mich nieder
und duften und blühen
im Nachtschnee
Sie singen von dir
im Fallen
und ziehen mich mit in die Tiefe
wo
auf felsigem Boden
weit unter der Kälte
dein Licht wohnt
und der Welt leuchtet
klein
arm
und verborgen
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
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Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche