Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 29. Oktober 2021
Zusammenarbeit
Einsiedlerkrebse sind interessante Tiere. Sie haben sich darauf spezialisiert, Schalen von Seeschnecken und Muscheln zum Schutz ihres weichen Hinterleibs
zu verwenden. Selbst sind sie nicht in der Lage, solch einen Schutz herzustellen. Vielmehr sind sie darauf angewiesen, eine passende Behausung zu finden. Beim Wachsen häutet sich der Krebs in gewissen Abständen. Natürlich wächst sein Haus nicht mit, und irgendwann
wird es ihm zu klein.
Nun findet ein Einsiedlerkrebs nicht immer auf Anhieb eine passende neue Schale. Wenn er ein Gehäuse entdeckt, dass ihm viel zu gross ist, dann kann bei
bestimmten Arten etwas ganz Erstaunliches geschehen. Der kleine Krebs wartet geduldig bei der grossen Muschelschale. Möglicherweise sendet er irgendein Signal aus, um andere anzulocken. Denn immer mehr Artgenossen von unterschiedlicher Grösse beginnen sich
an dem Ort zu versammeln.
Offenbar sind auch diese gewillt, sich ein neues mobiles Heim anzuschaffen. Denn sie beginnen, sich ihrer Grösse nach hinter der grossen leeren Schale aufzureihen.
Der grösste Krebs verlässt sein altes Haus und schlüpft in das neue. Der zweitgrösste tut es ihm gleich, und so geht es weiter, bis die ganze Reihe von Krebsen ihr neues Zuhause bezogen hat.
Diese Krabbenart ist für mich ein wunderbares Beispiel, dass in der Natur nicht nur das Recht des Stärkeren zur Anwendung kommt, sondern sich eine Vielfalt
von Methoden entwickelt hat, die Schwierigkeiten des Lebens zu meistern. Einsiedlerkrebse haben für sich sowohl die Vorzüge des Recyclings als auch der Zusammenarbeit entdeckt. Sie sind gar nicht so allein unterwegs, und sie können uns inspirieren, immer wieder
Lösungen anzustreben, bei der alle das erhalten, was sie brauchen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Standbild aus www.youtube.com/watch?v=f1dnocPQXDQ
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