Weg-Wort vom 4. Juni 2009
Die Goldene Regel
Wenn wir als Buben etwas teilen mussten, einen Apfel oder einen Nussgipfel,
dann achteten wir genau darauf, dass jeder exakt die Hälfte bekam. Auf
keinen Fall durfte der Anteil des anderen grösser sein als der eigene. Für
die heikle Aufgabe des Teilens hatten wir eine unfehlbare Methode: Der eine
durfte den Leckerbissen in zwei Hälften schneiden und der andere konnte
dafür als erster seinen Anteil wegnehmen. So bemühte sich jeder im eigenen
Interesse, dem anderen genau gleichviel zuzuteilen wie sich selber.
Ein ähnlich unfehlbares Rezept gibt Jesus in der Bergpredigt für unser
mitmenschliches Verhalten: Wie ihr von den Menschen behandelt werden wollt,
so sollt auch ihr sie behandeln (Mt 7,12). Man nennt diesen Grundsatz die
Goldene Regel. Sie ist ein verblüffend einfaches Rezept: Um zu wissen, wie
wir uns dem Nächsten gegenüber verhalten sollen, braucht es keine hohe
Bildung, kein Bibelstudium und kein langes Nachdenken. Denn was wir selber
gerne hätten, das wissen wir gewöhnlich recht genau. Wenn wir also erfahren
wollen, wie wir uns verhalten sollen, dann brauchen wir uns nur die
Testfrage zu stellen: Wie möchte ich selber von den anderen in der gleichen
Situation behandelt werden. Dann fällt uns die Antwort nicht mehr schwer.
Oder wenn ich mir nachträglich Gedanken darüber mache, ob ich den anderen
richtig, fair und gerecht behandelt habe, so brauche ich nur rasch die
Nagelprobe zu machen: Wie würde ich selber auf die gleiche Behandlung
reagieren? Positiv? Dann habe ich richtig gehandelt. Wäre ich auch sauer
geworden? Dann habe ich mich falsch benommen.
Die Goldene Regel ist mehr als ein raffiniertes Rezept. Sie enthält das
Grundgesetz des mitmenschlichen Verhaltens, ohne das ein Zusammenleben nicht
denkbar ist. Darum finden wir sie ähnlich formuliert in allen
Weltreligionen. Sie ist für jeden Menschen, auch für ungläubige
einleuchtend.
Es bleibt die Frage, woher wir die Kraft nehmen zu echt menschlichem Denken
und Handeln. Lassen wir sie uns heute von Gott schenken!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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