Weg-Wort vom 30. September 2011
Herbstnebel
Jetzt erscheint er wieder regelmässig, auch bei trockenem Wetter: der
Morgennebel. Er legt sich über Talsenken und Flusstäler und taucht die
Landschaft in ein undurchdringliches Grau. Er verkürzt den Autofahrern
gefährlich die Sicht und erschwert den Wanderern die Orientierung. Wenn wir
Glück haben, löst sich der Nebel gegen Mittag langsam auf.
Ich erinnere mich an eine Bergtour. Wir waren auf einem Grat angelangt und
gönnten uns eine Erholungspause. Unversehens zog dichter Nebel den Berg
herauf und hüllte uns ein. Plötzlich wurden wir unsicher, von welcher Seite
wir aufgestiegen waren und in welche Richtung unser Weg weitergehen sollte.
Als ich längere Zeit in Solothurn wohnte, litt ich oft unter dem Nebel, der
die Aare-Ebene wochenlang gefangen hielt, während auf dem Weissenstein
längst die Sonne schien. Wenn uns diese Wetterlage aufs Gemüt drückte,
machten wir gerne einen befreienden Ausflug auf den Solothurner Hausberg, um
Licht und Wärme zu tanken.
Solche Nebelerfahrungen machen wir auch in unserem Leben. Es ist vielleicht
nicht das grosse Unglück, aber eine anhaltende depressive Verstimmung, eine
unerklärliche Lust- und Orientierungslosigkeit, die uns bedrückt und lähmt.
Und wenn dann auch noch das Wetter neblig ist, erscheint bald unser ganzes
Leben nur noch grau und trüb zu sein.
Vielleicht kann uns da eine herbstliche Fahrt oder Wanderung aus dem Nebel
heraus an die Sonne Erleichterung bringen. Denn irgendwo muss doch die Sonne
scheinen! - Oder es hilft uns das Gebet, wie es ein altes Kirchenlied
formuliert:
Nebel hüllt des Menschen Pfad.
Führ uns du zur Sonnenklarheit.
Geist der Wahrheit, Geist der Liebe,
sei uns Licht und Rat.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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