Weg-Wort vom 2. August 2010
Im Auf und Ab des Lebens
Es gibt Tage, da ist eitel Sonnenschein in unserem Leben. Wir fühlen uns gut
und kraftvoll. Wir erleben ringsum freundliche Gesichter. Alles geht uns
leicht von der Hand. Wir sind zufrieden, freuen uns und sind einfach dankbar
vor allem dann, wenn wir nicht recht wissen, warum es uns so gut geht.
Dann gibt es Tage, an denen vieles schief läuft. Alles fällt uns schwer.
Jedes Handeln braucht Überwindung. Wir trauen uns fast nichts mehr zu. Wir
fühlen uns unverstanden und ungeliebt und möchten am liebsten niemanden
mehr sehen. Wir sind deprimiert und wissen im Grunde nicht, warum das so
ist.
Natürlich wissen wir eigentlich schon, dass die stets wechselnden Hochs und
Tiefs zum Leben gehören wie Ebbe und Flut zum Meer. Dennoch nehmen wir die
guten Zeiten gerne wie selbstverständlich hin und sind enttäuscht und
frustriert, wenn es uns wieder schlecht geht. Oder klagen gar, wie ungerecht
das Leben es mit uns meint.
Vor einigen Jahren sagte mir ein Arbeitskollege, mit dem ich mich gut
verstand, dass es für ihn manchmal schwierig sei, mit mir gemeinsam zu
arbeiten. Ich war erstaunt, dass mich seine Aussage nicht enttäuschte
sondern viel mehr befreite. Ich fühlte mich befreit vom Druck, stets ein
guter Kollege sein zu müssen. Es war zudem eine wohltuende Erfahrung, auch
mit meinen Unzulänglichkeiten angenommen und geschätzt zu sein.
Seither bin ich daran, mit meinen Fehlern und Mängeln, mit meinem Scheitern
und Versagen wohlwollender und barmherziger umzugehen. Ich versuche, mich
nicht mehr selber schlecht zu machen und abzuwerten, wenn ich mich
ohnmächtig, schwach und deprimiert fühle.
Gewiss, es braucht viel Mut und Kraft, unsere schlechten Zeiten, unser
Schwachsein und Versagen genauso anzunehmen wie unsere Stärken, Erfolge und
die sonnigen Tage unseres Lebens. Beide Wirklichkeiten aber
in uns zum Einklang zu bringen ohne sie aufzuheben - das erst macht die
Würde unseres Menschseins aus.
Möge Gott uns die Kraft dazu geben!
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorgenden der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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