Weg-Wort vom 17. Juni 2008
Farbtupfer im Grau des Alltags (1)
Gestern habe ich wieder einmal so richtig gefeiert und mich ausgetobt.
Wissen Sie, das Einerlei des Alltags, das ewig Gleiche geht mir manchmal so
auf den Geist. Dann muss ich mich ablenken und etwas tun, was meine
Lebensgeister wieder weckt.
Wie diesem Mann, Mitte dreissig, geht es vielen Menschen. Sie kennen keine
andere Möglichkeit, der Routine und der Belastung des Alltags zu entfliehen.
Sie haben nicht gelernt, mit ihrem grauen Alltag auch anders umzugehen.
Ich habe für mich verschiedene Wege erprobt, meinem Alltag immer wieder
etwas Farbe zu geben:
Wir haben oft wenig Möglichkeit, unseren Tagesablauf und unsere Arbeit zu
bestimmen. Aber mit welcher Stimmung wir in den Tag gehen, wie wir den
Menschen begegnen und unsere Arbeit tun, das können wir entscheiden. Meine
Stimmung, ob sie mir bewusst ist oder nicht, prägt immer meine Wahrnehmung
des Tagesgeschehens. Eine unbewusste schlechte Laune kann mir meinen Tag
ganz schön verderben.
Wenn ich mir morgens aber kurz Zeit nehme, um über mich und meinen Tag
meditierend nachzudenken, kann ich eine bewusste Haltung einnehmen, die
meinen Tag so mitprägt wie ich das möchte, wie beispielsweise:
Freundlichkeit, Wohlwollen, Aufmerksamkeit, Dankbarkeit und ähnliches mehr.
Ein anderer Weg führt mich oft mehrmals im Tag in die Stille. Ich gehe
für kurze Zeit auf Distanz zum geschäftigen Treiben meines Alltags
räumlich an einen ruhigen Ort oder, wenn das nicht geht, in die innere Ruhe.
Ich brauche das, um die alltägliche Fremdbestimmung und die Entfremdung von
mir immer wieder zu durchbrechen und in den Belastungen des Tages nicht
unterzugehen.
In der inneren Stille kann ich aufatmen, loslassen und ganz bei mir sein.
Hier bin ich frei von allen Ansprüchen und Erwartungen an mich. Hier komme
ich in Berührung mit meinem wahren Wesen. Wo ich aber ganz mich selbst bin,
ist Gott mir nahe.
(Fortsetzung Weg-Wort vom 18. Juni 2008)
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