Weg-Wort vom 24. April 2008
Arbeit und Gott
In einer Woche begehen wir den 1. Mai, den Tag der Arbeit. Deshalb will ich
heute zwei kurze biblische Gleichnisse, die mit dem Thema Arbeit zu tun
haben, in die Mitte des Wegwortes stellen. In diesen Geschichten versucht
Jesus mit der Alltagsarbeit eines Bauern und einer Hausfrau etwas über Gott
deutlich zu machen (vgl. Mt 13,31-33).
Ein Bauer geht über den Acker und sät ein Senfkorn. Bei der Ernte ist er
erstaunt über die grosse Staude, die daraus wird. Zwar ist es merkwürdig,
dass der Bauer nur ein Senfkorn in seinen Acker sät. Es kommt hier
offenbar nicht auf Saat und Ernte an, sondern auf die Eigenart des Senfkorns
und auf den Grössenunterschied zwischen dem Samen und der voll
ausgewachsenen Staude.
In der Geschichte vom Sauerteig schauen wir in den Backtrog einer Frau.
Arbeitende Frauenhände, die Hefe unter das Mehl mischen, werden sichtbar.
Der Erzähler lässt die Hörer und Hörerinnen staunend auf den schweren Teig
schauen, der lebendig wird.
Jesus erwähnt die Tätigkeiten der beiden Menschen nicht um ihrer selbst
willen, sondern er verbindet ihre Arbeit mit dem Reich Gottes. Ihm sprechen
alle Dinge von Gott. Alltägliche Vollzüge hören auf, nur eine einfache
Tätigkeit zu sein. Sie lassen nach und nach die Züge und die Absichten
Gottes hervortreten. In unseren zwei Geschichten werden die Hände des
Bauern, der ein Senfkorn aussät, und die Hände der Hausfrau, die den
Brotteig anfassen, transparent auf Gott hin. Menschen sehen die
Alltagsarbeit eines Mannes und einer Frau, und zugleich sehen sie die
lebenspendende Kraft Gottes.
In unserer säkularisierten Welt ist Arbeit einfach Arbeit und wird nicht in
Beziehung zu Gott gesehen. Der moderne Mensch geht über ein Ackerfeld und
versteht das Wachstum als biologischen Vorgang. Und die Hausarbeiten sind
einfach naturgegebene Notwendigkeiten. Was sollen schon kochen, flicken,
putzen mit dem Reich Gottes zu tun haben?
Jesus aber will sagen: Jede Arbeit kann durchsichtig auf Gott und sein Reich
werden. Wenn unsere Arbeit dem Leben dient, wenn sie an den Bedürfnissen der
Menschen ausgerichtet ist, wenn durch unsere Arbeit Gemeinschaft möglich
wird, wenn unsere Arbeit Hoffnungsarbeit ist, die die Zukunft von Menschen
sichert, besteht eine Beziehung zwischen unserem Tun und dem Gottesreich.
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Hauptbahnhof Zürich
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Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche