Weg-Wort vom 24. Februar 2009
Maskenwechsel
Die Fasnachtsmaske gibt vielen ihrer Träger die Freiheit, für einmal aus
sich herauszugehen, den Narren zu spielen, auf die Pauke zu hauen und
gehörig Dampf abzulassen. Wir wissen, wie gut das tut! Die Anonymität der
Maske ermöglicht ihnen eine Unbekümmertheit, eine Spontaneität und
Lebendigkeit, die sie im übrigen Leben hinter ihrer Alltagsmaske verbergen.
Sicher, wir brauchen die Alltagsmaske, um uns zu schützen vor zu viel
persönlicher Offenheit. Manche Menschen aber tragen sie ständig. Sie ist
ihnen sozusagen zur zweiten Haut geworden. Sie haben sich so sehr mit ihr
identifiziert, dass sie sie nicht mehr als Maske sondern als ihre
Wirklichkeit wahrnehmen.
Es scheint paradox: Mit unseren Alltagsmasken versuchen wir, das Gesicht zu
wahren aus Angst, durch unsere Spontaneität unser Gesicht zu verlieren.
Dabei verlieren wir es gerade durch unsere Masken. Wer aber sein wahres
Gesicht zeigt, gewinnt an Profil. Seine Persönlichkeit erhält ein klares
Gesicht.
Die Fasnacht ist eine gute Gelegenheit, einmal hinter unsere Masken zu
schauen. Vielleicht sogar unsere Nächsten dahinter sehen zu lassen. Es kann
sein, dass sie unsere Masken und die dahinter liegenden Gesichter ja schon
längst viel deutlicher wahrnehmen als wir sie selbst. Wir sind ja alle mal
die grössten Trottel, mal die klügsten und liebenswertesten Menschen! Dazu
die folgende Geschichte:
In einem Dorf weit draussen lebte ein Dorftrottel. Seine Eltern hatten ihn
schon als kleinen Jungen Trottel geschimpft, immer wieder. Und bald taten es
die Nachbarn, das ganze Dorf. Obwohl er eigentlich keiner war, verhielt er
sich doch immer mehr wie ein solcher.
Eines Tages kam ein weiser Mann in das Dorf. Alle suchten und fanden Rat bei
ihm. Zuletzt beklagte auch der Dorftrottel sein Schicksal: Er sei
todunglücklich. Er habe alles versucht, dass die Leute ihn nicht mehr so
nennen. Nichts half. Da gab ihm der Weise den Rat:
Jedes Mal, wenn ein Dorfbewohner etwas oder jemand als schön, gut, weise,
dumm oder schlecht bezeichnet, antworte ihm: Kannst du beweisen, dass das
so ist?
Gesagt, getan. Die Leute waren zuerst verunsichert, dann verwundert. Bald
sagten sie zu einander: Der Trottel ist gar nicht so dumm, wie wir glaubten.
Nach einigen Jahren kam der weise Mann wieder in das Dorf. Die Leute sagten
zu ihm: Ein Wunder ist bei uns passiert. Der frühere Dorftrottel ist heute
der klügste Mann im Dorf. Wir holen uns Rat bei ihm.
Zuletzt kam auch der ehemalige Trottel zum Weisen und fragte ihn: Du, soll
ich den Leuten sagen, welchen Rat du mir damals gegeben hast? Psst,
sagte er, bloss das nicht. Was glaubst du denn, warum ich als ein weiser
Mann gelte?
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorger und Seelsorgerinnen der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Beat Schlauri, Susanne Wey
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Hauptbahnhof Zürich
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