Weg-Wort vom 27. Februar 2008
Es ist nicht Gottes Wille,
dass die einen alles und andere nichts haben (Oscar Romero)
Bauwerke, die einen Riss aufweisen, drohen mit der Zeit zu bersten. Um den
Schaden möglichst gering zu halten, reparieren wir den Riss so früh als
möglich.
Der Riss zwischen den Reichen und den weniger Vermögenden, sei es innerhalb
der einzelnen Länder oder weltweit, ist beängstigend breit geworden. In
einer fast grenzenlosen Welt wächst die Gefahr des unüberbrückbaren Risses
zwischen arm und reich. Wenn sich die Vermögenden nicht vorbehaltlos der
Entsolidarisierung entgegenstellen, ist der Zerfall unserer Gesellschaft in
weiter Zukunft unabwendbar. Nicht sinnleere Expansion kann darum das Ziel
einer zukunftsträchtigen Wirtschafts- und Sozialpolitik sein. Gefragt ist
eine Kultur der Beschränkung und des Ausgleichs.
Teilen ist angesagt! Eine Einschränkung unseres zu Überfluss und Vergeudung
ausufernden Wohlstandes beeinträchtigt ihn noch lange nicht. Auch mit der
Teilhabe der Armen an unserem Überfluss haben wir noch immer genug.
Solidarität kann zwar verordnet werden, spätestens wenn der Druck des Risses
zu bedrohlich wird. Sinnvoller aber scheinen mir präventive Schritte zu sein
wie zum Beispiel die freiwillig gewählte Verbindlichkeit, die staatliche
Entwicklungshilfe auf wenigstens 0,7 % des Bruttonationaleinkommens zu
erhöhen (vgl. Petition von 60 schweizerischen Hilfsorganisationen -
www.gemeinsamgegenarmut.ch).
Eine die gesellschaftlichen Risse überbrückende Solidarität aber ist immer
auch eine Frage der Würde der Würde der Recht- und Besitzlosen wie unserer
eigenen. Das Recht auf ein den Lebensunterhalt sicherndes Einkommen
entspricht der Würde eines jeden Menschen. Ebenso entspricht es unserer
ureigenen persönlichen Würde, uns für eben dieses Recht einzusetzen, soweit
es uns möglich ist.
Als Gottes Ebenbilder sind wir alle Schwestern und Brüder. Die allen
Menschen von Gott gegebene Würde macht uns zu gleichwertigen und
gleichberechtigten Partnern. Wir verlieren unsere Würde, wenn wir andere
darben und hungern lassen. Wir gewinnen sie erst zurück, wenn wir auch
persönlich teilen und uns entschieden für den sozialen Ausgleich einsetzen.
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Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
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