Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 14. Oktober 2021
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Wer sich bei einem gesellschaftlichen Anlass als Christ oder Christin zu erkennen gibt, erntet heutzutage manchen neugierigen oder skeptischen Blick. Und
sorgt für Gesprächsstoff. Unter den Fragen befindet regelmässig die folgende: «Glaubst du an die Hölle?» Das kann die befragte Person in Verlegenheit bringen. Sie wird wohl nicht in der gleichen Weise an die Hölle glauben, wie sie sich auf den Glauben an Gott
stützt. Darum wäre die Frage passender: «Glaubst du, dass es eine Hölle gibt?»
Ein besonnener Christenmensch würde möglicherweise zurückfragen: «Welche Hölle meinst du denn? Eine ewige Bestrafung der Sünder? Die Darstellungen des Mittelalters
über den Kirchenportalen? Verzehrendes Feuer oder kalte Dunkelheit und Zähneknirschen? Die vielen Orte der Qual auf der Welt? Die Hölle Jean Paul Sartres, der sagte: ‘Die Hölle, das sind die anderen?’»
Vielleicht würde der Christenmensch Martin Luther zustimmen, der davon sprach: «Der Mensch hat die Hölle in sich selbst.» Wer kennt nicht den brennenden
Schmerz über einen Verlust oder einen Verrat, oder das Feuer der Scham und der Schuld. Wer mit diesen Gefühlen allein und lange in ihnen gefangen bleibt, befindet sich in der eigenen Hölle. Sie ist das Gegenteil von dem vollen und erlösten Leben, auf das Jesus
als Himmelreich hingewiesen hat.
«Die Pforten der Hölle sind von innen verschlossen», meint C.S. Lewis. Wenn das stimmt, dann muss niemand in der Hölle bleiben. Die Türe zu öffnen kann
heissen, mich mit dem Schicksal und mit meinen Begrenzungen zu versöhnen, einem Übeltäter zu verzeihen oder selbst um Verzeihung zu bitten, Schritte aus dem Käfig der Angst zu wagen oder was immer es braucht, um erlöster zu leben. Der Christenmensch wird auf
Gottes Liebe vertrauen, dass sie Wege finden wird, schlussendlich alle zum Leben zu führen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Bild: Maike und Björn Bröskamp auf Pixabay
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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