Weg-Wort vom 29. April 2010
Wo Berge sich erheben
Zurück aus dem Urlaub, habe ich Koffer, Tasche und Rucksack ausgepackt. Ein
Berg schmutziger Wäsche liegt vor mir. Auf dem Küchentisch zwei grosse
Stapel Zeitungen und Post; die Nachbarin hat während meiner Abwesenheit
täglich den Briefkasten geleert. Dann fällt
mein Blick auf den Schreibtisch, wo die Unterlagen für die Steuererklärung
liegen. Die Eingabefrist ist bereits vorbei. In der Agenda sehe ich, dass in
den nächsten Tagen ein paar Arztbesuche und weitere Termine anstehen. Und
Wegworte schreiben sollte ich auch noch. Nüchtern betrachtet, wird die
Erholung aus den Ferienwochen wohl nicht sehr nachhaltig sein, denke ich.
Ein riesengrosser Berg türmt sich vor mir auf. Arbeit und Termine, wohin ich
schaue!
Zum Glück habe ich am Abend Yogakurs. Ankommen, die Matte ausrollen, mich
schon vor dem Beginn ein paar Minuten entspannen. So kann ich mich
einstimmen auf die kommende Stunde. Gegen Ende dann die Yogihaltung
gestreckter Berg:
Unter meinen Füssen spüre ich den Boden; die Zehen sind gespreizt wie ein
Fächer. Ich kann mich verankern, weil es ein festes Fundament gibt. Es trägt
mich. Auf dieser Basis kann ich wachsen.
Die Yogalehrerin gibt kurze Anweisungen und Erklärungen. Fest wie ein Baum
an seinem Ort, ziehe ich Tagesbilanz, nehme zusehends wahr, wie mein Kopf
frei wird, wie klare Gedanken Raum gewinnen. Ich strebe nach oben, wachse in
die Höhe.
Als ich wieder daheim bin, liegen Wäscheberg und Post noch immer da. Die
Termine und all die anderen Aufgaben bleiben ebenfalls. Aber sie sind kein
riesiger Berg mehr, der mich abschreckt oder ängstigt. Ich selbst fühle mich
nun wie ein Berg, der ruhig und fest steht. Aus den Erinnerungen der
Ferienzeit können mir jetzt Kräfte zuwachsen. Ich kann mich dem Alltag
wieder neu stellen, Schritt für Schritt. Für diese Einsicht bin ich dankbar,
denn sie wirkt ungeheuer entlastend. Voller Energie mache ich mich an die
Arbeit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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