Ordnung ist das halbe Leben

Dieses Weg-Wort soll keine Unterstützung sein um Unordnung zu rechtfertigen. Auch keine Entschuldigung für Jugendliche, ihr Zimmer nicht aufräumen zu müssen. Mit diesem Weg-Wort stelle ich jedoch die Frage: Wenn "Ordnung das halbe Leben ist", wie es in einem Sprichwort behauptet wird, was ist die andere Hälfte?

Ich gehörte zu den Jugendlichen, die die Nerven der Eltern bezüglich Unordnung im Zimmer ganz schön strapazierten. In der Zwischenzeit bin ich recht ordentlich. Aber es gibt da immer noch die eine oder andere "Baustelle". Ungeordnetes, ja Chaotisches findet sich nicht nur im Keller. Sicher, immer wieder nehme ich einen Anlauf und räume hier oder dort etwas auf. Einiges jedoch muss auch liegenbleiben, weil die Zeit noch nicht reif ist, weil neben dem äusserlichen Aufräumen, auch noch etwas anderes nötig ist. Vielleicht muss im Leben zuerst etwas geregelt und geordnet werden, bevor ich diese Kiste oder jenen Stapel aufräumen kann. Ist das die andere Hälfte des Lebens?

Dazu eine Geschichte aus dem Chassidismus:

"Rabbi Chanoch erzählte: 'Es gab einmal einen Toren, den man den Golem nannte, so töricht war er. Am Morgen beim Aufstehen fiel es ihm immer so schwer, seine Kleider zusammenzusuchen, dass er am Abend, daran denkend, oft Scheu trug, schlafen zu gehen. Eines Abends fasste er schliesslich ein Herz, nahm Zettel und Stift zur Hand und verzeichnete beim Auskleiden, wo er jedes Stück hinlegte. Am Morgen zog er wohlgemut den Zettel hervor und las: 'Mütze' – hier war sie, er setzte sie auf, 'die Hose' – da lag sie, er fuhr hinein, und so fort, bis er alles anhatte. 'Ja aber, wo bin ich denn?', fragte er sich nun ganz bang, 'wo bin ich nur geblieben?' Umsonst suchte und suchte er, er konnte sich nicht finden.' 'So geht es auch uns', sagte der Rabbi."

Mit freundlichen Grüssen

Ihre Bahnhofkirche