Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
 
Weg-Wort vom 30. Juli 2021
 
Gott geht fremd
Eine Geschichte: Ein  Schweizer geht in die Entwicklungszusammenarbeit nach Nigeria. Dort lernt er eine Frau kennen. Nach Beendigung des Einsatzes beschliesst das Paar, in der Schweiz zu leben. Der Mann erkrankt an Krebs und stirbt. Die Frau schlägt sich irgendwie durch. Dann heiratet sie  wieder und wird Mutter. Ihr Sohn wächst hier auf. Nur seine dunkle Haut weist auf afrikanische Wurzeln hin. Seine zweite Tochter fällt durch ihr blitzschnelles Denken und ihr geschliffenes Reden auf. Schon als junge Frau steigt sie in die Politik ein und kommt sehr schnell sehr weit. Mit 52 wird sie in den Bundesrat gewählt. Als erstes Regierungsmitglied mit dunkler Hautfarbe geht sie in die Geschichte ein.
Sehr lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis eine solche Geschichte wahr wird. Ich habe sie mir ausgedacht, um darauf hinzuweisen, wie aktuell das biblische Buch Ruth ist. Auch dort geht es um Fremdheit, Heimat und dass Vielfalt ein Segen ist.
Im Buch Ruth ist es Elimelech, der mit Naemi und seinen beiden Söhnen aus Israel nach Moab zieht. Dort stirbt er. Die Söhne heiraten, aber dann sterben auch sie, und Naemi beschliesst, nach Israel zurückzukehren. Eine der beiden Schwiegertöchter, Ruth, entscheidet sich, mitzugehen. Beim Ährenlesen fällt sie dem Landbesitzer Boas auf. Der verliebt sich in die Ausländerin und heiratet sie. Sie wird Mutter, Grossmutter, und ihr Urgrosskind heisst David und wird der wohl bedeutendste König Israels. Aber nicht nur David hat ausländische Wurzeln, auch Jesus von Nazareth stammt aus dieser Familie, ist ein Nachfahre Davids und der Moabiterin Ruth.
Im Blick auf das biblische Gottesverständnis ist das extrem spannend: Gott, der fremd geht und sich den Urenkel einer Ausländerin zum Oberhaupt seines Volks erwählt, sich in den Worten und Handlungen des Migranten-Nachfahrens Jesus offenbart.
Warum ich das schreibe? Am Sonntag ist 1. August, und da geht es doch um unsere Heimat und deren Zukunft.
Mit freundlichen Grüssen
 
Ihre Bahnhofkirche
Abbildung: Julius Schnorr von Carolsfeld, Ruth im Feld des Boaz, 1828, National Gallery, London, Grossbritannien.
Quelle: Wikimedia Commons
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