Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
 
Weg-Wort vom 1. September 2021
 
Umfassend
Obwohl mich niemand davon überzeugen muss, dass es eine Wohltat ist im Wald unterwegs zu sein, habe ich mich auf ein Touristenangebot an meinem Urlaubsort eingelassen: Waldbaden stand dort auf dem Programm.
Von den vielen unerwarteten Erfahrungen ist mir eine in besonderer Erinnerung geblieben:
Wir waren als Gruppe unterwegs. An einem Punkt hat die Leiterin angehalten und uns gebeten das nächste Stück Weg in Ruhe und alleine zu gehen und dann am nächsten Rastplatz zu warten, bis alle eingetroffen sind.
Im Zweiminutenabstand sind wir losgegangen und ich bin mein kleines Stück Weg mit grosser Aufmerksamkeit allein durch Wald und Wiese gelaufen. Auf dem Rastplatz haben wir uns im Kreis aufgestellt und jede und jeder hat davon berichtet, was er oder sie unterwegs gesehen, gehört und gespürt hat.
Ich war erstaunt, was die anderen alles auf dem kurzen Wegstück gesehen und wahrgenommen haben. Zum Schluss haben wir geschwiegen. Es ist uns in diesem Moment, ohne dass wir das in Worte gefasst hätten, bewusst geworden, dass wir alle die Welt ein wenig anders sehen, ein wenig anders wahrnehmen, ein wenig anders fühlen.
Jede Wahrnehmung, jede Deutung ist richtig und wichtig. Das Zusammentragen der Erfahrungen, das Staunen, über das, was die anderen gesehen haben, hat unsere Erfahrung erst komplett gemacht. Gemeinsam haben wir ein umfassenderes Bild von unserem Waldweg zusammengetragen, als es uns allein möglich gewesen wäre.
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
 
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