Weg-Wort vom 25. Februar 2010
Sind Ihre Sorgen wirklich Ihre Probleme?
Es gibt Sorgen, die Sie nicht einfach weglegen können und solche, die Sie
dem Verursacher zurückgeben können: Zu den letzteren kenne ich eine
jiddische Geschichte: Grün kann nicht schlafen, weil er Blau 5000 Gulden
schuldet, die er ihm am nächsten Tag zurückzahlen sollte. Aber er hat das
Geld nicht. So fragt ihn seine Frau: Grün, was hast Du? Er beichtet ihr
seine Sorgen und sie steht flugs auf und geht ans Fenster. Blau wohnt auf
gleicher Höhe gegenüber. Es ist schon fast Mitternacht, als sie Fenster und
Fensterläden öffnet und laut schreit: Blau, Blau, wach auf! Was ist Frau
Grün? Du schreist herum so spät in der Nacht., meldet sich dieser. Ist es
wahr, dass mein Mann dir 5000 Gulden schuldet? Ja., antwortet dieser.
Mein Mann hat das Geld nicht., ruft Frau Grün, schliesst Fensterläden und
Fenster und dreht sich zu ihrem Mann um: So, Grün jetzt kann der Blau
nicht schlafen.
Es gibt Sorgen; mit denen kann man so umgehen. Wichtig ist dabei, dass
wir uns zuerst fragen: Ist das, was mich belastet, wirklich meine Sorge
oder lasse ich mir sie einfach aufhalsen? Dadurch erhalte ich Distanz zu
dem, was mich belastet.
Aber es gibt auch die andern Sorgen, die einen zu erdrücken drohen. Die
Lösung liegt nicht auf der Hand und es wird schwieriger, sich Raum zu
schaffen, aber nicht weniger unerlässlich.
Diese Sorgen müssen angeschaut und wie beim Kochen die Zutaten gerüstet
werden: Waschen, schälen, in Stücke schneiden, kochen und dann anrichten
am besten nicht allein, sondern mit jemandem zusammen. Sorgen und Probleme
kommen meist gehäuft und in einer totalen Subito-Haltung. Es hilft, sie so
zu bearbeiten, dass sie geniessbar, verdaubar, erträglich werden. Als ein
Argument für das Fraktionieren der Alltagssorgen deute ich folgende Zeile
aus der Bergpredigt: Sorgt euch also nicht um den morgigen Tag, denn der
morgige Tag wird für sich selber sorgen. Jeder Tag hat genug an seiner
eigenen Last. (Mt 6,34).
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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