Weg-Wort vom 20. Juni 2007
Ver-rückte Haupt- und Nebensachen
Zum Geburtstag, zu Neujahr oder als Trinkspruch: Wem immer wir Gutes wollen,
dem wünschen wir Gesundheit. Wie oft folgt dann auf einen Wunsch um gute
Gesundheit die Antwort: Jo, dHauptsach isch, mer isch gsund. Der Wunsch
nach Gesundheit nimmt einen ganz grossen Stellenwert ein in unserem Leben.
Wir tun meist viel für unsere Gesundheit und eifern ihr lebenslang nach.
Und es ist auch wahr: Die Gesundheit gehört zu den kostbarsten Gütern
unseres Lebens. Sie ermöglicht ein eigenständiges Leben, ohne auf fremde
Hilfe angewiesen zu sein. Wir spüren, dass wir mit Gesundheit nicht einfach
Abwesenheit von Krankheit meinen, sondern auch psychisches und soziales
Wohlbefinden, dass es uns rundum gut geht.
Wenn wir heute in unserer Gesellschaft die Gesundheit zu einer Hauptsache
erklärt haben, verbirgt sich darin vielleicht eine Sehnsucht nach letzter,
unzerstörbarer Gesundheit und ganzheitlichem Heilsein. Ganzsein, Heilsein
ist das, was uns die Religionen verheissen. Jesus hat Behinderte und Kranke
zu sich gerufen, um sie zu heilen. Er hat Blinde sehen und Lahme gehen
gemacht. Und er hat eine Welt verheissen, in der es einmal keine Krankheit
und kein Leid mehr geben wird.
Jesus aber rückt auch unsere Festlegungen, was zu den Haupt- und Nebensachen
des Lebens gehört, in die richtige Perspektive. Immer geht es ihm darum,
dass Menschen erkennen, worauf es wirklich ankommt im Leben. Es ist ja auch
möglich, dass wir einmal in einer Krankheit, oder wenn wir sonst übel dran
sind, zu dem vorstossen, was für uns im Moment wichtig ist. Krankheit kann
dann ein Aufruf zur Besinnung und zur Wandlung sein, kann uns helfen, uns
selbst zu finden, also so zu werden, wie wir tief in unserem Inneren gemeint
sind. Dann werden Werte ver-rückt: scheinbar unumstössliche Hauptsachen
werden zu Nebensachen und Dinge, die wir für Nebensachen hielten, zu
Hauptsachen.
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
www.bahnhofkirche.ch
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche