[Wegwort] 04.09.2006

Weg-Wort vom 4. September 2006 Ein neuer Mensch werden Sicherlich haben Sie auch schon erfahren, wie wohltuend und erfrischend nach einem heissen, drückenden Tag ein Bad, eine Dusche sein kann. „Ich fühle mich wie neugeboren; ich fühle mich wie ein neuer Mensch“, sagen wir dann. Ein neuer Mensch werden, das wünscht sich ja jeder Mensch, seit es ihn gibt. Und zwar nicht nur der Versager, sondern auch der erfolgreiche Mensch, nicht nur der Kranke, sondern durchaus auch der Gesunde. Wir haben Texte in der Bibel, die stolz und selbstbewusst sagen, dass diese Sehnsucht bereits erfüllt oder doch stets erfüllbar wäre. In eindringlichen Worten hämmert zum Beispiel der Kolosserbrief uns ein: Etwas Neues hat in deinem Leben in der Taufe begonnen. Der Anfang eines neuen, heilen Lebens liegt bereits hinter dir. Es heisst da: „Ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt und seid zu einem neuen Menschen geworden“ (Kol 3,9-10). Es gehört zu den Erfahrungen mit uns selber und andern Menschen, dass es nicht so leicht ist, den alten Menschen abzulegen und sich dabei als neuer Mensch zu gewinnen. Und doch steht und fällt der christliche Glaube damit, dass er das für möglich hält. Wir sind nicht dazu verurteilt, ohnmächtig den Unheilsmächten ausgeliefert zu sein, sondern wir stehen bereits im Lichtschein der Verheissung eines von Schuld und Unheil befreiten Lebens. Aber der „neue Mensch“ wächst nur langsam heran; er wird in einem ständig fortschreitenden Verwandlungsprozess. Dorothee Sölle hat ein Gebet verfasst, in dem sie um dieses Neuwerden bittet: „Schaffe in mir, Gott, ein neues Herz. Das alte gehorcht der Gewohnheit. Schaff mir neue Augen. Die alten sind behext vom Erfolg. Schaffe mir neue Ohren. Die alten registrieren nur Unglück.... Eine neue Zunge gib mir statt der von der Angst geknebelten. Eine neue Sprache gib mir statt der gewaltverseuchten, die ich gut beherrsche... Schaffe in mir, Gott, ein neues Herz. Und gib mir einen neuen gewissen Geist, der dich loben kann“. © Bahnhofkirche Hauptbahnhof Zürich www.bahnhofkirche.ch Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche