Weg-Wort vom 10. Juni 2009
Kein falscher Stolz
Das Problem, das ich ihnen schildere, ist nicht mein Problem, sondern das
Problem eines anderen. So beginnen einige Seelsorgegespräche. Der Andere
bzw. die Andere ist dann vielleicht die Freundin, der Mann, die Nachbarin
oder der Arbeitskollege. Und natürlich: Manches Mal ist es auch nicht das
Problem des Anderen, sondern das Eigene.
Mir kommt dazu immer diese alte Rabbigeschichte in den Sinn:
Dem Rabbi wird mitgeteilt, dass ein braver Mann in seiner Gemeinde jung
gestorben ist.
Was hat ihm gefehlt?, fragt der Rabbi.
Er ist verhungert.
Kein Jude kann Hungers sterben! Wäre er zu mir gekommen, so hätte ich ihn
unterstützen lassen!
Rabbi, er hat sich geschämt!
Also ist es an seinem Stolz gestorben und nicht am Hunger! Am Hunger stirbt
kein Jude!
Wir kennen den Ausspruch: Sein Stolz lässt es nicht zu, dass er sich Hilfe
holt! Da ist es dann sicher gut, wenn andere das tun. Aber ob die Hilfe
dann so ankommt? Ich glaube es nicht. Stolz ist an und für sich keine
schlechte Sache. Im richtigen Moment Stolz zu zeigen, kann uns stark machen.
Im falschen Moment aber kann er uns kaputt machen.
Darum soll uns der Stolz auf keinen Fall daran hindern, Hilfe zu holen, wenn
wir sie brauchen. Es zeugt von unserer Cleverness (um diesen Amerikanismus
zu gebrauchen), wenn wir uns im richtigen Moment und der ist meistens
früher als wir denken Hilfe organisieren. Also nur keinen falschen oder
gar zerstörerischen Stolz an den Tag legen: Holen sie sich Hilfe, wenn sie
welche brauchen! Das hält sie am Leben und macht sie stark!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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