Weg-Wort vom 10. Dezember 2008
Einkehr, Stille, Vorfreude und Erwartung
Ein junger Mann kommt zu einem Rabbi mit der Frage: Was kann ich tun, um
die Welt zu retten? Der Weise antwortet: So viel, wie du dazu beitragen
kannst, dass morgens die Sonne aufgeht. Aber was nützen dann all meine
Gebete und meine guten Taten, mein ganzes Engagement?, fragt der junge
Mann. Darauf der Weise: Sie helfen dir, wach zu sein, wenn die Sonne
aufgeht.
Diese Geschichte erinnert mich an Johannes den Täufer. In der Adventszeit
ist viel von ihm die Rede. Mir steht dabei ein strenger, wenn nicht sogar
finsterer Mann vor Augen, der gegen Wohlleben und bürgerlichen Luxus wettert
und harte Forderungen nach einer radikalen Wende stellt.
Hängt es damit zusammen, dass wir das Weihnachtsfest oft mit sehr steilen
Erwartungen verknüpfen, die uns die Vorbereitungszeit als enorm anstrengend
und gehetzt empfinden lassen?
Ganz anders der Evangelist Johannes. Er zeichnet den Täufer anders als
gewohnt: ein bescheidener, leiser Zeuge, der die Menschen auf ihrer Suche
nach dem Heil auf Jesus verweist. Nicht Herold oder Wegbereiter will er
sein, sondern nur eine Stimme in der Wüste, die an eigentlich längst
Bekanntes erinnert.
Der grosse katholische Theologe Karl Rahner schreibt: Es kommen immer nur
Vorläufer
Es kommen als Boten Gottes nur Menschen mit Menschlichkeiten und
manchmal mit Unmenschlichkeiten. Und all dies Vorläufige bekennt nur immer
wieder: Ich bin das Wirkliche nicht selber
Gott kommt nur zu denen, die
seine Vorläufer und das Vorläufige in Geduld lieben. Das Letzte, das
Wirkliche ist von uns nicht machbar. Es bleibt Geschenk.
Darum ist die Adventszeit eine Zeit der Einkehr und der Stille, der
Vorfreude und der Erwartung!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Sr. Zoe Maria Isenring, Sr. Anna Affolter, Susanne Wey
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