Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 19. März 2021
Träumer
Jemanden als Träumer zu bezeichnen, ist in unserem Kulturkreis kein schmeichelhaftes Kompliment. Damit wird normalerweise eine realitätsfremde und naive Person benannt,
die den Tatsachen nicht ins Auge blickt, sondern weltfremden Gedankengebäuden und Luftschlössern nachhängt.
Den Träumen im Schlaf wird allgemein kein sonderlicher Wert zugemessen. Sie seien bloss unzusammenhängende Gedankenbilder, welche Tagesreste verarbeiten und das Hirn
wieder säubern für den nächsten Tag.
Dass Träume auch als Quelle der Inspiration dienen, erlebte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Elias Howe, der eine mechanische Nähmaschine erfinden wollte. Eines
Nachts sah er im Traum amerikanische Ureinwohner mit Speeren um ein Lagerfeuer tanzen. Zu Howes Erstaunen hatte jeder Speer ein Loch in der Nähe der Spitze. Nach dem Erwachen ging ihm ein Licht auf: Er hatte gerade die Lösung seines Problems gesehen.
Die Einheitsübersetzung der Bibel nennt das Wort Traum 64 Mal. Träumen gilt in der Schrift als Weg, wie Gott zum Menschen spricht und sich zukünftige Geschehnisse offenbaren.
Einen grossen Träumer feiert die katholische Kirche heute. Es ist der heilige Josef, der Verlobte und Bräutigam Mariens und Jesu Ziehvater. Weltfremd war er als Bauhandwerker gewiss nicht. Doch er hörte auf seine Träume. Sie bewegten ihn, Maria bei sich aufzunehmen,
und rechtzeitig vor der Verfolgung durch König Herodes nach Ägypten zu fliehen.
Der Träumer Josef ist uns Vorbild, auf die inneren Bilder und Stimmen aufmerksam zu sein und sich von ihnen zum Handeln inspirieren zu lassen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Bild von stine moe engelsrud auf Pixabay
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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