Weg-Wort vom 29. Oktober 2007
Gemeinsam gegen Armut
Er strahlte übers ganze Gesicht, der Mann mittleren Alters aus dem östlichen
Land, weil er die weite Reise bis hierher geschafft hatte. Den letzten Lohn,
der jeweils für seine Frau, die vier Kinder und die betagten Grosseltern
gerade für einen halben Monat reicht, hat er für die Fahrt ausgegeben im
Glauben, hier Arbeit zu finden, um seine Familie zu ernähren.
Niederschmetternd, ja verzweifelt ist seine Enttäuschung, als er erfährt,
dass er hier keine Arbeitsbewilligung erhält und er mit leeren Händen
dasteht.
Dieser Mann ist leider kein Einzelfall. Des öfteren klammern sich
Verzweifelte aus verschiedensten Ländern an die Hoffnung, dass wenigstens
die Kirche ihnen noch helfen könne und dass die Gerechtigkeit des uns
gemeinsamen Gottes doch auch für sie gelte.
Tatsächlich heisst es in der Bibel, dass das Reich Gottes ein Leben in
Gerechtigkeit,
Frieden und der Freude im heiligen Geist ist (Rö 14,17). Für die
Gerechtigkeit aber sind vor allem wir selber zuständig: Euch muss es zuerst
um das Reich Gottes und um seine Gerechtigkeit gehen (Mt 6,33). Gott hilft
uns allerdings dabei: Er, der dem Sämann Saatgut und Brot gibt, wird auch
euch Samen geben und ihn wachsen lassen, damit eure Gerechtigkeit eine
reiche Ernte bringt (2Kor 9,10).
Für den Weisheitslehrer Jesus Sirach (Sir 35,1-22) ist Gott ein
unbestechlicher und unparteiischer Gott des Rechts. Was er um ca. 180 v.Chr.
in Jerusalem schrieb, wo eine reiche Oberschicht Einfluss auf alles nahm,
könnte auch auf unsere heutige Situation zutreffen.
Die damaligen Grossgrundbesitzer glaubten, im Wettbewerb des Wachstums und
der Gewinnmaximierung nur mithalten zu können, wenn sie die Lohnarbeiter
ausbeuteten und ihre ohnehin kärglichen Löhne noch weiter drückten.
Gott aber, der nach Jesus Sirach ein gerechter Richter ist, ist nah bei den
Menschen. Er hört das Flehen der Armen, Bedrängten und Unterdrückten. Sie
sind auf einen Beistand angewiesen, da sie kein Recht und kein Geld haben,
allein vor Gericht zu gehen.
Gott erhört sie, indem er uns zu ihrem Beistand macht: Denn sein Wohlwollen
und seine Gnade erfährt, wer das Gesetz befolgt und die Gebote achtet, wer
Almosen gibt und Liebe erweist, wer sich abwendet vom Bösen und jeglichem
Unrecht. Diesen Gott kann niemand bestechen, schon gar nicht mit
Opfergaben, die durch Unterdrückung erworben sind.
An uns also liegt es, für Gerechtigkeit und Frieden zu sorgen, in unserem
Land wie auch weltweit. Wenn wir uns ehrlich und aufrichtig darum bemühen,
wird Gott mit uns sein.
Mit der Aktion* 0,7% - Gemeinsam gegen Armut streben Hilfswerke,
Umweltverbände und Kirchen eine wirksame Entwicklungshilfe an, damit die
Menschen weltweit nicht mehr auswandern müssen, um überleben zu können,
sondern im eigenen Land ihr Auskommen finden. Das wäre für den Mann aus dem
Osten und all die anderen Migranten das Allerschönste!
*
www.gemeinsamgegenarmut.ch
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
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