Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 9. November 2020
Der andere Blick
Meine Schwester konnte eine Wohnung übernehmen. Sie hat sich riesig gefreut. Und natürlich durfte ich die Wohnung auch gleich besichtigen.
Mir sind gleich die Vorhänge aufgefallen. Nein, die gefallen mir nicht. Und die Tapete, die gefällt mir ganz und gar nicht. Und die Möbel sind auch nicht mein Stil. Innerlich habe ich den Kopf geschüttelt.
Die Begeisterung meiner Schwester ist trotz der Vorhänge, der Tapete und der Möbel ungebrochen positiv, optimistisch. Sie beginnt mir zu erklären und erzählen. Die Vorhänge kommen weg, die Tapete ebenfalls,
dann wird weiss gestrichen und die Möbel werden umgestellt und ausgemistet. Sie hat alles schon im Kopf.
Plötzlich wird mir bewusst, dass meine Schwester die fertig renovierte Wohnung sieht. Mit Freude stürzt sie sich in die Arbeit, mistet aus, räumt auf, malt, renoviert und immer hat sie ihren Traum vor Augen,
die helle schöne Wohnung.
Dazu eine Weisheitsgeschichte:
"Ein Rabbi schaute einmal deinem Hochseilartisten zu. Hinterher fragte er ihn: 'Worin besteht das Geheimnis, dass du nicht das Gleichgewicht verlierst?' Der Hochseilartist stellte eine Gegenfrage: 'Was glaubst
du, wohin sollte man schauen, um das Gleichgewicht zu halten?' Der Rabbi erwiderte: 'Auf keinen Fall auf den Boden oder auf das Seil.' – ' Genau', sagte der Artist. 'Man muss immer die Stange im Auge behalten, die das Seil am anderen Ende trägt. Und was ist
der gefährlichste Augenblick?' – 'Der Moment, in dem du dich wieder umdrehen musst und eine Sekunde lang deinen Bezugspunkt verlierst.' – 'Ganz genau', sagte der Artist."
(Rabbi Nilton Bonder, Der Rabbi hat immer recht, die Kunst Probleme zu lösen)
Das (grosse) Ziel nicht aus den Augen lassen!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich