Weg-Wort vom 16. Februar 2012
Du, Papa, sind wir im Himmel?
Eine Woche Ferien und kein bisschen Sonne. Das kann schon auf den Geist
gehen. Wir stecken tief im Nebel fest. Manchmal schenkt er uns einen Blick
auf die Häuser an der gegenüberliegenden Talseite, manchmal versteckt er
alles in dichtem Weiss, was weiter als fünf Meter von uns entfernt ist.
Trotzdem sind wir aufgebrochen und suchten die Sonne. Der Weg nach Gamplüt
im Obertoggenburg wurde mir bei einer Sicht von wenigen Metern zu steil und
zu schmal. Wir nahmen die Seilbahn. Zwei Jungs mit Schlitten, meine Frau und
ich, ein Vater mit seinem Kind auf dem Schoss.
Und schon gings los. Das Seil, das uns trug war knapp sichtbar. Die
verschneiten Bäume verschmolzen mit dem Nebel in fast undurchdringliches
Weiss. Die Kleine rutschte vom Schoss des Vaters, schaute misstrauisch durch
die beschlagenen Fenster, die den Blick auf das undurchdringliche Weiss fast
verunmöglichten. Sie suchte Sicherheit im Schoss des Vaters und dann die
Frage nach Orientierung und Sicherheit: "Du, Papa, sind wir im Himmel?" Die
Antwort war sachlich und klar: "Nein, natürlich nicht, das sind nur Schnee
und Nebel." Noch beruhigender dürfte es jedoch für das Kind gewesen sein,
dass es sich tief in den bergenden Armen des Vaters einkuscheln konnte.
Im Himmel zu sein war für das Kind ganz und gar nicht lustig, also kein Bild
des Trostes. Die rationale Erklärung vermochte viel, noch viel mehr
vermochten die bergenden Armen des Vaters.
Wir brauchen beides, wenn wir verunsichert sind, und dann schon fast wieder
zu kleinen Mädchen oder kleinen Jungs werden: Wir brauchen die rationale
Erklärung, das vernünftige Wort. Es hilft uns, uns wieder einzurenken, Halt,
Orientierung, Boden zu finden. Wir brauchen aber auch die bergenden Arme.
Die Seele spürt, dass die Worte wahr sind.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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