Das Weg-Wort – Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 22. Oktober 2021
Licht und Wandlung
Die hier abgebildete Skulptur «Wandlung» des Zürcher Künstlers Adrian Bütikofer steht im katholischen Pfarreizentrum St. Paulus in Dielsdorf. Sie spricht mich an, weil sie mir verschiedene Möglichkeiten des Zugangs erlaubt.
Ich kann sie in ihrer Materialität, Form und Grösse auf mich wirken lassen. Dann werde ich mitgenommen in eine aufwärtsstrebende Dynamik, schwungvoll, hell und elegant.
Oder ich kann sie – wie vom Künstler beabsichtigt - als Allegorie auf das Leben des Apostels Paulus verstehen. Dann erkenne ich in der Gitterstruktur oben im Holz den Moment, in dem Paulus von Licht geblendet wird und die Stimme Jesu hört: Seine Berufung zum
Apostel. In den geschwungenen Bögen sehe ich sein bewegtes Leben dargestellt, in dem er christliche Gemeinden gründete, aber auch Ablehnung und Verfolgung bis hin zur Gefangenschaft erfuhr. Und die sieben Stützen, die die Skulptur in Balance halten, stehen
für die sieben Briefe des Paulus im Neuen Testament. Für das also, was diesem Leben als Hinterlassenschaft erwachsen ist und was Paulus mit seinen Gemeinden, aber auch mit mir heute verbindet. Mich beeindruckt die Leistung des Künstlers, die vielschichtige
Glaubensfigur mit ihrer Geschichte in eine nicht-figürliche, abstrakte Form gebracht zu haben, die natürlich gewachsen scheint. Am meisten regt mich dabei die lichtdurchlässige Gitterstruktur oben an. Sie sagt mir: Wenn ich zu bin, geschieht nichts, bleibt
es dunkel. Ich muss durchlässig sein, um von Licht berührt zu werden. Oder das Licht bricht einfach durch und blendet mich. Das kann schmerzhaft sein und – wie bei Paulus - zu vorübergehender Blindheit führen. Aber irgendwann gewöhnt sich das Auge an die Helligkeit,
und das Leben wird farbig und reich.
Für Paulus war der Einbruch des göttlichen Lichtes lebensverändernd.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Abbildung: Adrian Bütikofer, Wandlung, 2012, Pfarreizentrum Dielsdorf. Foto: A. Bütikofer.
Herzlichen Dank an den Künstler für seine Ausführungen zum Werk.
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich