Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 18. Juli 2018
Von Titeln und Narben
Das WM Finale liegt hinter uns, strenge Wochen für einige Leute. Orden, Medaillen, Pokale, alles vergeben. Nun beginnt die Vorbereitung auf die nächste WM, oder wenigstens auf den nächsten Sportanlass.
Natürlich heisst es immer Mitmachen ist wichtiger als gewinnen, das sagt man jedem sportunbegabten Kind. Aber stimmt das wirklich? Weshalb redet man von Sieg, von Gold, Silber und Bronze, vielleicht noch von einem Diplom, dann ist fertig. Der oder die Letzte bekommt nur Beachtung wenn etwas Exotisches dran ist – etwa ein Bobfahrer aus Jamaika.
Und doch hat jeder sportliche Wettkampf mit Entbehrung, mit Training, mit Disziplin zu tun. Nicht selten bleiben Narben – physische und psychische – zurück.
So gesehen sind für mich der Sport, sportliche Wettkämpfe ein Abbild des Lebens. Auch im Beruf zählen Titel, Auszeichnungen und Leistung, auch im Leben finden Menschen ohne Erfolg kaum Erwähnung. Die Narben, die ein Langzeitarbeitsloser mit sich trägt verhelfen zu keiner Stelle. Die Zeugnisse von X Weiterbildungen schon eher. „Selber Schuld“, hört man dann gelegentlich die Leute sagen. Und beim Sport? Ist eine verpasste Chance, eine schlechte Tagesform eine Schuldfrage? Unsere Wortwahl verrät unsere Haltung. Wie schnell werten wir einen Menschen ab, nur weil er oder sie nicht in unser Schema passt.
Wie tröstlich ist darum für mich der Satz von Dietrich Bonhoeffer:
„Gott wird nicht auf Orden, Medaillen oder Titel sehen, sondern auf Narben.“
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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