Weg-Wort vom 26. März 2012
Rüstung
Eine Freundin schlug vor, gemeinsam ins Naturhistorische Museum Luzern zu
gehen. "Rüstung", so der Titel der Ausstellung. Erst der Untertitel, eine
"Sonderausstellung über die zweite Haut" machte mich gwunderig und
gluschtig.
Die Rüstung, da sehe ich Metall, Härte, Unnahbarkeit und Schutz vor Gewalt.
Die zweite Haut
da klingt Intimität an. Die Haut ist ganz privat,
persönlich, sensibel.
Uniformen schützen wie Rüstungen. Sie geben Identität, man gibt sich zu
erkennen als Polizist, als Verkäuferin dieses oder jenes Geschäfts, als
Soldat oder als Feuerwehrfrau. Ein Imker trägt eine andere "Rüstung", als
eine Taucherin. Die Kleidung des Pflegepersonals unterscheidet sich von den
leuchtenden Sicherheitsanzügen, die im Strassenbau getragen werden.
Unsere ganz alltägliche Kleidung ist Schutz vor Wind und Wetter, sie schützt
vor Blicken oder zieht Blicke auf sich. Ob ich mit Selbstgestricktem oder
mit Markenkleidern unterwegs bin, macht einen Unterschied. Ich bedecke mich
zwar mit den Kleidern, gebe aber gleichzeitig auch etwas von mir preis.
Kleider sind so sensibel wie die zweite Haut. Denken wir nur an das sensible
Thema des Schleiertragens oder des Schleierverbots.
Das Wichtige, was mir geblieben ist von der Ausstellung, ist der andere
Blick. Plötzlich sehe ich in den Schaufenstern nicht mehr einfach nur
Kleider, sondern Geschichten und Gesichter, Rüstungen und zweite Haut.
Ich "rüste" mich am Morgen für den Tag. Ich wähle Kleider, Farben und
Materialien, die mich durch den Tag begleiten.
Und mein wahres Selbst, wie sieht das aus?
Wem zeige ich mich "ungeschminkt" und "unverkleidet"?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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