Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 18. Oktober 2021
Wer bin ich?
Wer bin ich? Wer bist du? Eine Frage der Menschheit. Beim Sichten meiner Fotos von unserem See bin ich einer Antwort nähergekommen.
Meine Fotos, sind in den vielen Stunden entstanden, die ich am See verbringe um «herunterzufahren», um in einen schweigenden Dialog zu treten mit der Natur. Die
Fotos erinnern mich an die diese Stunden und versetzen mich, so nebeneinander im digitalen Album, in Erstaunen. Der immer gleiche See, oft vom gleichen Platz aufgenommen und so viele verschiedene Stimmungen.
Abends, der Himmel grau, der See grau. Die Lichter der Häuser am See liegen als lange orange und gelbe und rote Stangen auf dem blanken grauen Wasser.
Ein anderer Abend: Der See ist metallisch blau, das Schilf ragt hoch auf, durch das Abendrot, das auf dem Wasser schimmert, gleitet ein Schwan.
Ein warmer Sommerabend, der See eine rote Fläche unter dem wolkenlosen Himmel.
An anderen Tagen eine glatte Wasserfläche, Bäume spiegeln sich oder das Wasser in weichen, dunkelblauen Wellen, manchmal wild, mit Schaumkronen oder gekräuselt, mit golden glänzenden Lichtstreifen.
All das ist der See und auch nicht. Was ich wirklich sehe sind die Wirkungen von Wind und Sonne, von Jahreszeiten und den Tageszeiten auf den See, Zusammenspiel,
Aktion und Reaktion. Und immer finde ich ihn schön.
Wer bin ich? Wer bist du? Es ist wie beim See. Ich bin eine und doch auch viele. Du bist Du und doch ein anderer, wenn Du mit anderen bist. Ich bin für Dich eine
andere als für alle anderen. Ich bin allein eine andere als zu zweit oder mit vielen. Ich reagiere auf alle und alles und bin dabei anders und gleich und immer ich.
Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. Psalm 139,14
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich