Spannendes
Gespräch
"Bis jetzt habe ich mich immer als überzeugten Atheisten bezeichnet!" So spricht der Mann zu mir in der Seelsorge. "Wenn sie Atheist sind, warum kommen sie dann zu einem Pfarrer in die Seelsorge?" Das will ich von ihm wissen. Darauf meint er: "Ich finde die Kirchen wichtig. Was sie an Arbeit für die Menschen machen, darauf kann die Gesellschaft nicht verzichten!"
Dann frage ich weiter: "Warum sind sie jetzt aber nicht mehr Atheist?" "Gerade wegen dem, was ich ihnen vorhin gesagt habe. In einer Diskussion mit anderen Atheisten habe ich mich für die Arbeit der Kirchen gewehrt. In der Reaktion darauf habe ich gemerkt, dass Atheisten genau die gleichen Fanatiker sind wie Supergläubige. Les extrêmes se touchent! - Nein, wenn das Atheismus ist, dann stimmt der Begriff nicht mehr für mich!"
"Dann sind sie also immer noch Mitglied der Kirche?" will ich von ihm wissen. Seine Antwort überrascht mich nicht: "Ja, natürlich! Ich unterstütze die weltliche Arbeit der Kirche. Die ist wichtig und braucht auch meine Solidarität. Aber Gottesdienst, Bibel und Glauben können mir gestohlen bleiben. Da blicke ich sowieso nicht durch und brauche es nicht für mich."
Und mir wird wieder einmal bewusst, wie toll unser volkskirchliches System ist. Ich kann auch Mitglied der Kirche sein, ohne in ihr mitzumachen, einfach nur, weil ich die Arbeit, die sie an verschiedenen Orten tut, und die mir wichtig ist, unterstützen will! Was für eine gute Sache.
Ich verstehe jetzt auch, warum die Kirche immer da Prügel kassiert, wo sie andere ausgrenzt, ihnen Zugänge und kirchliche Handlungen verwehrt, nur weil sie anders sind oder einem veralteten Menschenbild nicht mehr entsprechen. Ich frage mich: Wenn die Kirchen nicht mehr liebevoll, annehmend, respektierend und grosszügig auftreten, wer tut es dann?
Mit freundlichen Grüssen