Weg-Wort vom 28. Juli 2008
Texte, die nicht vergessen gehen sollten (1)
In lockerer Reihenfolge möchte ich in meinen Weg-Worten Texte anderer
Autoren bringen, die nicht vergessen gehen sollten. Heute ist es ein
Glaubensbekenntnis des brasilianischen Dominikaners Frei Beto von 1981:
Ich glaube nicht an den Gott der Funktionäre;
auch nicht an den Gott der Generale oder an den Gott der patriotischen
Feiern. Ich glaube nicht an den Gott des Glücks der Reichen; auch nicht an
den Gott der Angst der Wohlhabenden
oder der Freunde jener, die das Volk berauben.
Ich glaube nicht an den Gott, der nach dem Bild und Modell der Mächtigen
geschaffen wurde; auch nicht an den Gott, der als Beruhigungsmittel
für das Elend und die Leiden der Armen erfunden wurde.
Der Gott, an den ich glaube, ist in einer Höhle zur Welt gekommen,
war Jude, wurde von einem ausländischen König verfolgt
und zog wie ein Fremder in Palästina umher.
Er liess sich begleiten von Leuten aus dem Volk;
er gab denen, die Hunger hatten, zu essen; denen, die im Dunkel lebten,
Licht,
denen, die im Gefängnis sassen, Befreiung,
denen, die Gerechtigkeit verlangten, Frieden.
Der Gott, an den ich glaube, stellte den Menschen über das Gesetz
und die Liebe über die alten Traditionen.
Er hatte keinen Stein, worauf sein Kopf ruhen konnte,
und war von den Armen gar nicht zu unterscheiden.
Er ging zu den Gelehrten nur dann, wenn diese sein Wort in Frage stellten.
Er war bei den Richtern, die ihn verurteilen wollten;
man hat ihn auch bei der Polizei gesehen, aber als Häftling.
Er hat das Regierungsgebäude betreten, um geschlagen zu werden.
Der Gott, an den ich glaube, trug eine Krone aus Dornen
und einen Mantel, der wie aus Blut gewebt war.
Er hatte Leibwächter, die ihm den Weg freimachten,
wohl bemerkt: zum Kalvarienberg, wo er unter Räubern am Kreuz sterben
musste.
Der Gott, an den ich glaube, ist kein anderer als der
Sohn Marias, Jesus von Nazareth.
Alle Tage stirbt er, gekreuzigt durch unseren Egoismus.
Alle Tage steht er wieder auf, durch unsere Liebe.
(Frei Beto, Übersetzung Antonio Reiser; leicht gekürzt. Aus: Basisgemeinden
und Befreiung, Jugenddienstverlag 1981 S. 335f.)
Mit freundlichen Grüssen
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