Weg-Wort vom 24. Mai 2011
Der richtige Start
Letzthin ist ein Bekannter auf mich zugekommen, den ich schon lange nicht mehr gesehen
habe. Und das erste war, was er zu mir sagte: „Du hast zugenommen!“
Eigentlich wollte ich ihm darauf eine schnelle Antwort geben, so etwa in der Art: „Wenn
Gutes mehr wird, soll man es nicht daran hindern!“ Aber es gelang mir nicht. Denn diese,
seine ersten, Worte haben mich verletzt und getroffen.
Jetzt haben wir uns so lange nicht mehr gesehen und das Erste, was er zu mir sagt, ist
eine Bemerkung zu meinem Übergewicht. Weil das natürlich ein auch von mir deutlich
identifiziertes Problem ist, brauche ich nicht noch seinen Fingerzeig darauf. Ich spüre
mein Übergewicht selbst und kämpfe tagtäglich damit. Ich brauche seine Bemerkung nicht.
Sie ist nicht nötig und reduziert mich auf mein Äusseres.
Eine Frau hat mir einmal im Gespräch gesagt, dass sie sich immer aufrege, wenn Männer zu
ihr sagen, sie sehe gut aus. In der Regel sei das eine Reduzierung und ein Nein zu einer
inhaltlichen Auseinandersetzung mit ihr.
Das heisse nicht, dass sie im richtigen Kontext ein Lob für ihre Erscheinung nicht
schätze. Aber im beruflichen Alltag erlebe sie es als eine Botschaft, sich nicht weiter
mit ihr auseinandersetzen zu wollen.
Das Gespräch mit meinem Bekannten blieb kurz. Seine Botschaft war klar. Und meine Lust war
klein.
Damit wird wieder einmal deutlich, wie gut es uns tut, wenn jemand mit Erscheinung und
Worten sagt: „Es ist schön, Dich wieder einmal zu sehen!“
Da wächst die Lust und das Interesse, sich miteinander auseinander zu setzen. Und da haben
dann durchaus auch einmal die Feststellungen „Du hast zugenommen!“ oder „Du siehst gut
aus!“ ihr Recht und ihren Platz.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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