Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!

Weg-Wort vom 27. März 2020

Ihr Glaube
 
In den Evangelien wird die Begegnung von Jesus mit einer kranken Frau erzählt: Seit vielen Jahren leidet sie an Blutungen. Keinem Arzt gelingt es, sie zu heilen. Als Jesus in die Gegend kommt, drängt sie sich durch die Menschenmenge von hinten an ihn heran und berührt sein Kleid. Sofort hören die Blutungen auf. Am Ende der Episode sagt Jesus zu ihr: «Dein Glaube hat dir geholfen.»

«Glaube» ist ein grosses, historisch auch belastetes Wort! Hier haben wir es mit einer kleinen Geschichte zu diesem grossen Wort zu tun. Eine kleine Geschichte über den Glauben einer galiläischen Frau.
Am Anfang dieses Glaubens steht kein Bekenntnis und keine Lehre. Es ist in dieser Geschichte nie die Rede vom Glauben an einen Gott oder dass Jesus der ersehnte Messias sei. Auch keine Bekehrung wird gefordert.
Am Anfang dieses Glaubens steht eine wackelige Hoffnung. Dass vielleicht dieser fremde Heiler helfen kann. Dass das Leben endlich erlöst sei vom Leiden.
Am Anfang des Glaubens der Frau steht ein Greifen in einen ungewissen Bereich.
Was wird geschehen, wenn sie das Gewand des berühmten Mannes anfasst?
An diesem Anfang steht eine Berührung und ein Berührt-Werden. Jesus wird berührt – und ist angerührt vom Schicksal der Frau.

Dieser Glaube kommt aus einer tiefen Bedürftigkeit. Er ist Sehnsucht nach etwas, das heil macht und Frieden stiftet. Eine Sehnsucht, die vor allen Bekenntnissen und Glaubenslehren immer schon da ist. Dieses Ursprüngliche, Tiefe, Lebendige ist der Kern des Glaubens: Gottessuche aus Sehnsucht.

Ein Griff ins Ungewisse nach einem Gott, den man nicht kennt, von dem man nur hört, den man vielleicht ahnt.

«Dein Glaube hat dir geholfen», sagt Jesus. Die Geschichte des Christentums kennt viele Menschen, die einen Halt gefunden haben, wenn sie diesen Griff getan haben.

Mit freundlichen Grüssen

Ihre Bahnhofkirche


Abbildung: Die Heilung der blutflüssigen Frau, Rom, Marcellinus-Petrus-Katakombe, 4. Jh. n.Chr., Wikimedia.org

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