Weg-Wort vom 13. Januar 2010
Kaffee und Gipfeli
Ein Vereinsausflug mit dem Car, das Znüni am Arbeitsplatz, der Einstieg in
den Fortbildungstag, der Schwatz mit der Freundin nach dem Einkaufen
Kaffee und Gipfeli gehören da, gut schweizerisch, einfach dazu! Bei näherer
Betrachtung
entpuppt sich unsere gute Gewohnheit allerdings als gar nicht so
schweizerisch. Natürlich wissen wir, dass der Kaffee aus fernen Ländern
stammt. Aber das Gipfeli?
Hätten Sie gedacht, dass so ein feines Croissant eine Erfindung aus dem
Orient ist? Und offenbar sogar eine muslimische, denn die Form des Gipfeli
wurde dem türkischen Halbmond abgeschaut also ein eigentliches
Markenzeichen und damit so etwas wie ein Pendant zu den bekannten
Kräuterzeltli von Ricola. (Wer hats erfunden? Die Schweizer!)
Ich nehme an, dass Ihnen Kaffe und Gipfeli auch nach dem Lesen der obigen
Zeilen genau gleich gut schmecken wie vorher. Vielleicht sind Sie aber ganz
einfach ärgerlich geworden und fragen sich, was das Ganze soll. Nun, in
unserem täglichen Leben ist für uns vieles derart selbstverständlich, dass
es nicht viel braucht, und unsere heile Welt gerät aus den Fugen.
Wir gehen im Wellness- und Spa-Center in einen türkischen Hamam und lassen
uns im Urlaub bei einer Führung von der architektonischen und künstlerischen
Schönheit einer berühmten Moschee in den Bann ziehen. Aber es macht uns
offenbar Angst, wenn andersgläubige Menschen in unserem Land nicht nur
Pflichten, sondern auch Rechte wollen. Angst erzeugt jedoch Misstrauen, und
Misstrauen ist ein guter Nährboden für Feindseligkeit und Ablehnung. Ein
Teufelskreis!
Der Benediktinermönch Anselm Grün sagt: Jeder ist für das Klima, das er um
sich herum erzeugt, verantwortlich. Das fängt schon bei den Gedanken an. Wir
müssen unser Denken überprüfen, wo wir unbewusst irgendwelchen Vorurteilen
folgen. Unser Denken wird sich in unserem Sprechen und Handeln auswirken.
Daher beginnt die Versöhnung in unserem Denken. Und wenn das erst noch bei
Kaffee und Gipfeli geschieht, dann kann das nur von Vorteil sein.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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