Weg-Wort vom 14. März 2007
Zum vierten Gebot: Befreiung praktizieren und feiern
In der Bibel gehören Gott und Freiheit untrennbar zusammen. Freiheit
ermöglichen möchten auch die zehn Gebote. Darin nimmt das Sabbatgebot eine
besondere Stellung ein: Der Sabbat ist ein Erinnerungstag der Befreiung. Als
Begründung führt der biblische Text den Auszug aus Ägypten an: Denk daran:
Als du in Ägypten Sklave warst, hat dich der Herr, dein Gott, mit starker
Hand und hoch erhobenem Arm dort herausgeführt. Darum hat es dir der Herr,
dein Gott, zur Pflicht gemacht, den Sabbat zu halten (Dt 5,12-15).
Der Sabbat ist ein Gedenktag, der nicht bloss rückwärts blickt, sondern die
Gegenwart betrifft. In der Gegenwart soll die Freiheit praktiziert werden:
Alle sollen an diesem Tag aufatmen und sich ausruhen dürfen. Auffallend ist
im Bibeltext die Zuspitzung auf die gesellschaftlich Benachteiligten und
Entrechteten. Vor allem denn Sklaven soll dieser Tag zugute kommen.
Das Sabbatgebot gründet in der Freiheitsgeschichte Israels. Das Gleiche gilt
von unserem Sonntag, den wir Christen gegen den Sabbat eingetauscht haben.
Das wird zum Beispiel in der Sabbatpraxis und Sabbatkritik Jesu deutlich.
Warum heilt er an einem Sabbat eine Frau, die bereits 18 Jahre lang krank
war und nicht einmal um seine Hilfe gebeten hat (vgl. Lk 13,10-17)? Hätte er
nicht bis zum nächsten Tag warten können?
Jesus sieht die Not der Frau, ihren krummen Rücken und all die Not, die
damit der Frau aufgebürdet ist. Ihr Schicksal wird zur Hauptsache, die
keinen Aufschub duldet. Er legt ihr die Hände auf und heilt sie. Die Frau
soll gerade am Sabbat, wo Schöpfung und Befreiung gefeiert werden, ihre
Freiheit zurückerhalten. Die Feier des Sabbats soll nicht bloss eine fromme
Erinnerung an geschehene Heilstaten sein, den Alltag verklären, ihn aber
nicht verändern.
Was bedeutet das für die Feier unseres Sonntags? Ist er uns ein Tag des
Aufatmens? Und sind unsere Gottesdienste Feste der Freiheit? Ein Blick auf
die reale Gestalt unserer Gottesdienstfeiern ist vielfach enttäuschend. Wenn
wir daran glauben, dass Jesus Christus uns erlöst und befreit hat, müssten
die Gottesdienste stets einen festlich-frohen Charakter haben. Sie müssten
etwas von der erfahrenen Erlösung und Befreiung widerspiegeln.
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