Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 1. Juli 2021
Opfer
Es ist wohl eine der ungeheuerlichsten Geschichten in der Bibel: Abraham fühlt sich von
Gott aufgefordert, seinen einzigen Sohn Isaak zu nehmen und in den Bergen als Opfer
darzubringen. Und Abraham schickt sich an, seine letzte Hoffnung auf Nachkommen hinzugeben
und dieses Opfer zu bringen! Erst im allerletzten Moment, als Isaak schon gefesselt auf
dem Altar liegt, lässt er sich davon abhalten. Die Geschichte endet damit, dass Abraham
Segen und eine grosse Nachkommenschaft verheissen wird, so zahlreich wie Sand am Meer,
weil er die Probe bestanden hat.
Was für ein Sinn steckt hinter solch einer Erzählung? Kann Gott so grausam sein, dass ihm
ein Gehorsamsbeweis wichtiger ist als das Leben eines unschuldigen Menschen? Wegen diesem
und ähnlichen Berichten wird das Erste Testament manchmal ganz abgelehnt. Wir
missverstehen die Bibel aber, wenn wir glauben, Gott sei so. Die Heilige Schrift führt uns
nur ungeschönt vor Augen, welche Gottesvorstellungen es gab und welche Folgen sie haben.
Immer wieder glaubten Menschen, Gott mit Opfern besänftigen zu müssen. Dagegen haben sich
schon im Ersten Testament Propheten zur Wehr gesetzt.
Auch Jesus beruft sich auf diese und fasst seine Sicht auf Gott so zusammen:
«Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!» Wir entdecken Gott also nicht mehr in der
Aufforderung zum Opfern, sondern in der Regung des Herzens, die uns vor solchen
Grausamkeiten abhält. Es braucht diesen Gott: Immer noch werden Menschen aufgrund von
unhinterfragten Vorstellungen geopfert.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Rembrandt Harmenszoon van Rijn: Opferung Isaaks. Quelle: Wikimedia Commons
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