Weg-Wort vom 26. April 2007
Lebenvertiefende Askese
Leben so viel als möglich ja nichts verpassen auf allen möglichen
Hochzeiten tanzen sich nur nicht festlegen, es könnte einengen! So geht es
vielen Menschen so geht es vielleicht auch uns dann und wann.
Vor lauter Hast nach endlosem Glück und dem Wahn, ja nichts zu verpassen,
kann es sein, dass wir plötzlich gezwungen werden, innezuhalten und einen
prüfenden Blick auf unsern Weg zu werfen. Ist es wirklich das Viele und das
Offenlassen von Entscheidungen, das zufrieden macht? Ist nicht das
Ausufernde das, was einem Lebensentwurf die Kontur nimmt? Sich alles offen
halten verhindert es nicht, dass das Leben in die Tiefe wachsen kann? Ist
es nicht das Viele, das auslaugt, die Richtung entzieht und dem Sein die
Würze nimmt?
Es mag uns manchmal lästig sein innezuhalten und uns neu auszurichten. Aber
im tiefsten bündelt es unsere Kräfte. Es verhilft unserem Leben zu einer
klareren Kontur. Das erfordert ein sich Beschränken, eine bestimmte Form von
Askese. Diese Wörter haben nicht Hochkonjunktur. Wenn wir aber ihre Kraft
neu entdecken, kann das Leben in neuer Tiefe aufstrahlen. Andreas Knapp, ein
Priester und Ordensmann, hat es in seinem Gedicht askese verlockend
ausgedrückt:
nur die beschnittene rose
blüht aus gesammelten kräften
nur die gestutzte rebe
wirft alles in die traube
nur der zurückgezweigte ast des ölbaums
trägt satte oliven
nur der im schmerzlichen scheiden
entschiedene weg führt wirklich weiter
du aber willst wild wachsend
in alle richtungen streben
doch nur gebündelt kannst du dich entfalten
und schon im blühen fruchtbar sein
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche