Weg-Wort vom 12. August 2009
Gott mitten drin im Leben
Die Frau schämte sich. Solange es ihr gut ging, war kein Gedanke an Gott.
Manchmal Wochen oder Monate. Kaum aber war etwas nicht so, wie sie es sich
vorstellte, und sie konnte nichts daran ändern, erinnerte sie sich an ihn
und bat ihn um seine Hilfe.
Mir geht es manchmal ähnlich. Es gibt Tage, da hat Gott wenig Platz in
meinem Leben. Da muss ich an so vieles denken. Da ist so viel zu erledigen.
Da ist nur Stress! Und ich habe keine Luft und keinen Raum für irgendetwas
anderes. Dabei weiss ich genau und habe genügend Erfahrung, was ich tun
kann, um erst gar nicht in solche Situationen hineinzukommen.
Am meisten hilft mir, überall da, wo ich gerade bin, kurz innezuhalten, tief
durchzuatmen und meinen Atem zu spüren. Dabei nehme ich meinen Körper und
mich selbst wahr. Ich komme zu mir, bis ich ganz bei mir bin und nirgendwo
sonst mehr. In mir wird es ruhig. Für Augenblicke bin ich frei und von
nichts mehr abhängig. Aus dieser inneren Ruhe und Freiheit heraus kann ich
mich dann wieder bewusst dem zuwenden, was für mich gerade ansteht.
In solchen Augenblicken, wenn ich ganz gegenwärtig, ganz bei mir bin, fühle
ich mich oft mit Gott verbunden, ist er mir nahe. Da ist Gott mitten drin in
meinem Leben. Und ich spüre eine innere Freude und Dankbarkeit für das Ganze
meines Lebens.
Ähnlich wünschte die Mystikerin Dorothee Sölle in einem Brief an ihre
erwachsenen Kinder, dass Gott in ihrem Leben drin sei:
Vergesst das Beste nicht. Ich meine damit, dass ihr Gott manchmal lobt,
nicht immer, das tun nur Schwätzer und Höflinge Gottes aber doch manchmal,
wenn ihr sehr glücklich seid, sodass das Glück ganz von selbst in die
Dankbarkeit fliesst und ihr Halleluja oder das grosse Om der indischen
Religion singt.
Eins von euch, ich glaube, es war Caroline, hat mal beim Besuch einer
scheussli-chen Kirche, in die wir euch immer auf Reisen schleppten, trocken
gesagt: Ist kein Gott drin. Genau das soll in eurem Leben nicht so sein,
es soll Gott drin sein, am Meer und in den Wolken, in der Kerze, in der
Musik und natürlich in der Liebe.
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorger und Seelsorgerinnen der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Beat Schlauri, Susanne Wey
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