Weg-Wort vom 11. Juli 2012
Reform
Im 2006 war ich in Nursia. Es war zu Beginn einer Exerzitien-Wanderwoche.
Eine grosse Gruppe von Frauen und Männern traf sich und machte sich in zwei
Gruppen auf den Weg von Nursia nach Assisi. Der Himmel war unser Zelt und im
gefüllten Rucksack war unser Proviant. Neben der Ausrüstung, die eher
bescheiden war, gehörte Abenteuerlust (so war die Pilgerreise auch
ausgeschrieben) dazu. Das Wichtigste aber war, sich einzulassen auf den Weg.
Zwischen Benedikt und Scholastika in Nursia und Franz und Klara in Assisi
galt es, sich selber zu begegnen.
Benedikt und Franz waren Reformer zu unterschiedlichen Zeiten. Beide wurden
unterstützt und begleitet von Frauen, die ihnen über Alles wichtig waren.
Die Katholische Kirche feiert heute den Gedenktag von Benedikt, weshalb ich
mein Augenmerk auf ihn richte.
Benedikt studierte Theologie in Rom. Die Sittenlosigkeit unter den
Studierenden trieb ihn in die Einsamkeit. Auch als Einsiedler machte er
unterschiedliche Erfahrungen. Dies alles war Grund genug für ihn, sich
Reformgedanken zu machen. Er wurde zum Ordensgründer. In Klöstern, so sein
Bestreben, sollen alle Menschen aufgenommen werden, "zivilisierte" Römer und
"barbarische" Germanen, alle sollen gleich sein, gleich behandelt werden.
Seine Regel "ora et labora" wurde zum Modell für Klosterregeln. Das
geschwisterliche Zusammenleben war ihm wichtig, und in seinem Orden sollte
diese Geschwisterlichkeit modellhaft vorgelebt werden als Vorbild für die
ganze Gesellschaft. Geschwisterlichkeit als Reform des Klosterlebens und der
Gesellschaft, das war neben "ora et labora" eine Grundidee von Benedikt.
Die Wanderung zwischen Nursia und Assisi habe ich gut überstanden. Ich zehre
noch heute von der tiefen Erfahrung, die ich machen durfte. Geblieben sind
das Unterwegssein und das Vertrauen, dass Reformen immer wieder möglich sind
und die Hoffnung auf weltweite Geschwisterlichkeit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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