Weg-Wort vom 12. Januar 2011
Stolpersteine
Eines Tages stand Diogenes an einer Strassen-ecke und lachte wie ein
Verrückter. Worüber lacht Ihr?, fragte ein Vorübergehender. Seht Ihr
jenen Stein in der Mitte der Strasse?, fragte Diogenes.
Seit heute Morgen stehe ich hier, zehn Leute sind
bereits darüber gestolpert und haben ihn verflucht. Aber nicht einer machte
sich die Mühe, ihn weg zu räumen, damit andere nicht mehr stolperten.
Am liebsten würde ich Diogenes fragen: Na, wie lange bist du noch so
dagestanden und hast dir den Bauch gehalten vor Lachen und dich über die
dummen Leute lustig gemacht?
Aber leider ist das nicht möglich, denn der griechische Philosoph lebte und
starb vor unserer christlichen Zeitrechnung. Umso mehr erstaunt es, dass
solche kleine Anekdoten von ihm immer noch im Umlauf sind und auch weiterhin
gedruckt werden. Oder ist das vielleicht gar nicht so erstaunlich?
Da beschreibt Diogenes mit wenigen Sätzen das Verhalten der Menschen und
ihren Umgang miteinander und hält damit zeitlos gültig auch uns den
Spiegel vor. Ärgern wir uns etwa nicht, wenn uns ein Malheur passiert von
der Art, wie es Diogenes erzählt? Denken wir in einem solchen Augenblick als
erstes an jene, welche nach uns über das gleiche Hindernis stolpern könnten?
Würden wir den Stein des Anstosse(n)s sofort aus dem Weg räumen?
Die kleine Episode des Diogenes sagt uns, dass es eigentlich gar nicht so
viel braucht, um ein froher Mensch zu sein statt einer, der ständig nörgelt
und schimpft. Dabei können wir erst noch ohne grosse Mühe für andere etwas
Gutes tun, wenn wir aus einer kleinen Not eine Tugend machen und
Stolper-steine aus dem Weg räumen. Denn keine Zukunft vermag gutzumachen,
was du in der Gegenwart versäumst. (Albert Schweitzer)
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch