Weg-Wort vom 10. Februar 2012
Fragen halten uns offen
Wenn wir als Christinnen und Christen öffentlich vertreten, dass Jesus Christus der Weg,
die Wahrheit und das Leben ist, müssen wir uns diese Frage gefallen lassen: "Wieso
gerade der?"
Unser Argument, dass durch den Tod am Kreuz und Jesu Auferstehung unser Glaube begründet
ist, ist in Wirklichkeit keines. Denn Kreuz und Auferstehung sind nur als Beweis
verstehbar, wenn man schon glaubt! Für alle Anderen ist es Unsinn. Dann kommen wir schnell
in die Situation, dass wir die karitativen Verdienste der Kirche herausstellen. Sie sind
wichtig, aber kein zwingender Grund zum Glauben. Wir können von unserem Glauben erzählen,
von dem was uns trägt, aber wir können nichts beweisen. Gott können wir nur glauben.
"Wie kannst Du glauben, dass mit Jesus das Reich Gottes angebrochen ist? Guck dir
doch die Welt an, wie sie ist! Warum tut Gott kein Wunder und beendet alle Kriege und
alles Leid?" - Kein Wunder, kein Zeichen, kein Beweis - zur Zeit Jesu bei den
Pharisäern nicht und auch heute nicht! Wir können nur von unserem Glauben erzählen, wie
wir Gott in dieser Welt erleben.
Aber wir müssen uns diesen Anfragen stellen. Es ist gut, dass es solche Fragen an uns und
unseren Glauben gibt. Schlimm ist es, wenn uns keiner mehr fragt, wenn uns Christinnen und
Christen nur blanke Gleichgültigkeit begegnet, wenn wir zufrieden gelassen werden. Die
vermeintliche Sicherheit "Ich habe meinen Glauben!" kann dazu führen, dass es
uns so gehen wird wie den Glaubensstarken damals, denen Jesus ankündigt, dass die
Ungläubigen, die Heiden über sie richten werden. Die "Heiden" heute sind die
Menschen, die von einem Glauben überhaupt nichts wissen wollen. Gott aber will von ihnen
wissen. Wir sind ihnen das Evangelium schuldig. Wenn wir unseren Glauben mit Zweiflern
diskutieren, werden wir auch die eigenen Zweifel spüren, unsere Fragen an Gott. Das ist
gut so. Fragen halten uns offen für Gott, sie sind kein Zeichen von schwachem Glauben, sie
schützen uns vor der fatalen Glaubenssicherheit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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