Weg-Wort vom 6. August 2010
Die längste Reise
Auf Wanderungen komme ich meistens an kleinen Bergkapellen vorbei. Sie
wirken einladend auf mich in ihrer Schlichtheit inmitten der Natur. Ich
trete ein, setze mich auf eine der wenigen Bänke. In der Kühle kann ich
rasten und ausruhen. Ich halte einen stummen Dialog mit Gott und sammle neue
Kräfte zum Weitergehen.
Einmal fand ich in einer Kapelle ein Blatt mit einem Gebet von Dag
Hammerskjöld. Ich las es und merkte, wie die Worte mir halfen, tiefer in das
Geheimnis des Göttlichen einzutauchen.
"Ich sitze hier vor dir, Herr, aufrecht und entspannt
In diesem gegenwärtigen Augenblick
lasse ich all meine Pläne, Sorgen und Ängste los.
Ich lege sie jetzt in deine Hände, Herr.
Ich lockere den Griff, mit dem ich sie halte, und lasse sie dir.
Für den Augenblick überlasse ich sie dir.
Ich warte auf dich erwartungsvoll.
Du kommst auf mich zu, und ich lasse mich von dir tragen.
Ich beginne die Reise nach innen.
Ich reise in mich hinein zum innersten Kern meines Seins, wo du wohnst.
Aus diesem tiefsten Punkt meines Wesens bist du immer schon vor mir da,
schaffst, belebst, stärkst ohne Unterlass meine ganze Person."
Ich erinnere mich nicht mehr, wie lange ich in der Kapelle verweilt habe.
Aber als ich aus dem Halbdunkel wieder ins Freie trat und die Sonne mich mit
ihrem gleissenden Licht einen Augenblick lang blendete, war mir mit einem
Mal klar, was Dag Hammerskjöld wohl gemeint hatte, als er sagte:
Die längste Reise ist der Weg nach innen.
Gestärkt und voll Freude setzte ich meine Wanderung fort.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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