Weg-Wort vom 11. Januar 2010
Angst lädt zum sinnvollen Handeln ein
Guten Tag, Herr Angst! Ich habe aber keine Angst! Wie oft höre ich das.
Natürlich muss niemand vor mir Angst haben, nur weil ich Angst heisse. Aber
Ich habe keine Angst! stimmt das wirklich?
In der Seelsorge ist die Angst immer wieder ein grosses Thema. Ich staune,
vor was allem die Menschen Angst haben. Und bei der Minarett-Initiative sind
wir alle davon eingeholt worden: von der Angst der obsiegenden Mehrheit und
der Angst der unterlegenen Minderheit.
Angst ist ein wichtiges Gefühl. Seine Aufgabe ist, uns wach zu rütteln und
zum sinnvollen Handeln zu bewegen. Manchmal kann das sinnvolle Handeln
Abwehr, Rückzug, Selbstschutz heissen. Viel häufiger heisst es aber: Ich
muss mich auseinandersetzen mit dem, was mir Angst macht. Ich muss es kennen
lernen, besser verstehen lernen.
Wo ich mir etwas vertraut gemacht habe, da fällt die Angst weg. Da halte ich
sogar aus, wenn mir etwas fremd ist. Da kann es sein, dass ich sage: Das ist
der Boden, auf dem ich stehe, - und das Andere, den Anderen, kenne ich, aber
es, er steht auf anderem Boden. Ich kann das aushalten, ich kann es tragen,
das heisst: ich kann Toleranz zeigen.
Angst will nie erreichen, dass wir Abscheu zeigen oder jemanden oder etwas
verteufeln. Wenn das geschieht, dann sind wir unseren Angstgefühlen auf den
Leim gegangen, dann haben wir unsere Verantwortung, unsere Menschlichkeit,
die Liebe von Gott nicht ernst genommen.
Angst will immer wieder unsere Auseinandersetzung mit dem, was sie hervor
ruft. Sie will, dass wir kennen, verstehen und umgehen lernen. Sie will
nicht, dass wir einfach gut heissen oder kapitulieren. Aber sie will, dass
wir uns kundig machen, die Realität sehen und uns darauf einstellen.
Verteufeln oder Türen zuschlagen sind keine Optionen in unserem Umgang mit
der Angst.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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