Weg-Wort vom 5. August 2009
Macht
Was ist der Mensch? Was ist sein Leben wert?
Sie kennen den von einigen durchaus ernstgemeinten Kalauer: Der Mensch ist,
was er isst. Ich ergänze - nicht nur aus blossem Spieltrieb -: Was macht den
Menschen zum Menschen: Macht. Genauer müsste man sagen: Der Umgang mit der
Macht. Jeder von uns hat Macht und setzt sie ein, um sich selbst mindestens
so gross erscheinen zu lassen, wie er seiner Meinung nach wirklich ist.
Das fängt bei den Kindern an. Ein Vater hatte nach vielen Scherereien
zwischen seinen Kindern eine, wie er meinte, glänzende Idee. Er wollte
Gerechtigkeit in der Verteilung der Güter und nicht das Gesetz des stärkeren
Ellenbogens. Deshalb kaufte er zwei völlig gleiche Teddybären. Nachdem seine
Kinder, Tim und Karin, die Tiere inspiziert hatten, fragte er die Tochter:
Welchen möchtest du haben? Karin antwortete: Dem Tim seinen!
Macht ist ganz elementar Hab-Gier, Mehr-Haben-Wollen als der andere, um mehr
wert sein zu können. Dazu braucht es die Macht des anderen, und sei sie noch
so klein. Jede ist ihm recht, die er sich einverleiben kann, um so grösser,
dicker, schwerer, bedeutender zu sein und den anderen an die Wand drücken zu
können.
Diese Sucht, sich alles einzuverleiben, hat den grossen Romancier Elias
Canetti dazu gebracht, in der Machtausübung einen kannibalistischen Akt zu
sehen: Es geht letztlich immer nur um Beute machen und Beute fressen. Es
geht darum, dass Überleben im Kern alles dessen steht, was wir etwas vage
als Macht bezeichnen ... (Canetti)
Es muss uns wichtig sein, dass jede und jeder von uns wirklich weiss, dass
er auch wenn er sich sehr schwach vorkommt Macht hat. Und es muss uns
allen wichtig sein, dass alles für uns und andere darauf ankommt, ob und wie
wir diese Macht einsetzen, so dass Leben gemehrt und nicht verringert wird.
Gott hilft uns dabei!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
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