Weg-Wort vom 22. September 2006
Vater im Himmel
Immer mehr Menschen können sich Gott nicht als Person vorstellen. Für sie
ist Gott die grosse göttliche Kraft, die die Welt im Innersten zusammenhält
, eine alles umfassende, unpersönliche Energie, die absolute Wahrheit und
unendliche Liebe.
Jesus aber hat uns Gott ganz nahe gebracht, als persönlichen Gott. Er sagte
abba zu ihm, also Pappa. Eine vertrauliche, familiäre, ja fast intime
Anrede. Mit diesem Bildwort ist Gott nicht etwa als Erzeuger der Welt
gemeint. Diese fast zärtliche Anrede sieht Gott wie einen guten, liebenden,
fürsorgenden Vater, der weiss, was wir brauchen, bevor wir ihn darum bitten
(Mt 6,8). Es ist ein Wort des Urvertrauens, das wie Mamma für die meisten
Menschen zu den ersten gesprochenen Worten im Leben gehört.
Der Gott Jesu ist also kein ferner, unnahbarer, strenger Gott, vor dem wir
uns fürchten müssen. Er ist vielmehr ein väterlich-mütterlich liebender
Gott, dem wir mit Ehrfurcht und kindlichem Vertrauen begegnen. Und wer zu
Gott aus ganzem Herzen Pappa sagt, der kann nicht anders, als seinen
Mitmenschen wie Schwestern und Brüdern zu begegnen.
Das Abba-Sagen verrät einen Lebensstil. Abba sagen zärtliche Menschen, d.h.
reife, erwachsene, verantwortungsbewusste Menschen ..., gleichberechtigte
Söhne und Töchter ..., die eben auch miteinander verantwortungsbewusst und
gleichberechtigt und zärtlich umzugehen wissen. Die Anrede im Vaterunser
ist wie eine Einladung zur Zärtlichkeit. (Hermann-Josef Venetz).
Der Himmel ist im antiken Weltbild das Firmament, das sich über die
Erdscheibe wölbt. Gott aber ist über allen Himmeln, sind doch der Himmel
und alle Himmelswelten zu klein für dich (1 Kön 8,27). Schon für die
Menschen des Alten Testamentes ist Gott allgegenwärtig, auf dem ganzen
Erdkreis, in allen Himmeln und in den Herzen eines jeden Menschen.
Vater im Himmel, die Anrede des Vaterunser, können wir darum sinngemäss
übersetzen: Lieber, guter und treuer Gott, der du bist mit uns und der du
das ganze Universum in Händen hältst.
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