Weg-Wort vom 27. August 2012
Der Heiligenschein
Das Bild macht mich betroffen. Eine reiche adlige Frau, gut gekleidet, zwei
Treppenstufen höher, gibt einer armen älteren Frau einen Laib Brot. So weit
so gut. Es wird wohl Elisabeth von Thüringen sein, die ihren Reichtum mit
den Armen teilt.
Warum nur hat Elisabeth einen Heiligenschein und die arme Frau nicht?
Nimbus oder Aureole nennt man den Heiligenschein. In der Kunst wird er vor
allem für Mächtige, Erleuchtete, Heilige und Götter verwendet. Darum wohl
hat die reiche Frau den Schein und die Arme keinen.
Das "Vonobenherab" wird (auch durch die Stufen) sehr betont. Meine
Vorstellung von Teilen sieht partnerschaftlicher aus, weniger herablassend.
Mit meinem inneren Auge sehe ich auch den Heiligenschein der armen Frau. In
Gedanken zeichne ich diesen für alle Menschen.
"Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn
ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier
ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist
nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Gehört
ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung
Erben." (Gal 3,26-29)
Wir alle kennen das Phänomen des Schattens. Wir alle haben als Kind mit dem
Schatten gespielt, Schattentheater gemacht. Wir alle sind irgendwann auch
unseren Schattenseiten begegnet und haben uns damit beschäftigt.
Wie sieht es aus mit der Aura, dem Heiligenschein? Ich bin überzeugt, dass
wir den auch haben. Ist uns unser heller Schein vertraut? Und sehen wir
unsere Mitmenschen mit Augen, die sich nicht nur auf den Schatten der Person
konzentrieren, sondern auch die leuchtende Seite jedes Menschen sehen und
sich darüber freuen können?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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