Weg-Wort vom 4. Januar 2007
Uns anvertraute Zeit
Das Leben führt uns immer wieder an Wendepunkte und zum Aufbruch an neue
Ufer. Wir stehen dann zwischen Abschied und Neuanfang. Wir schauen zurück
auf das, was war und gleichzeitig nach vorne in noch unbekanntes Land.
Solche Schwellensituationen fordern heraus. Der Jahreswechsel, den wir
gerade hinter uns haben, ist eine solche Erfahrung.
Ein neues Jahr können wir ganz unterschiedlich beginnen mit Sekt und
Knallerei, im Zusammensein mit lieben Menschen, mit einer stillen Minute.
Bestens bekannt sind die guten Vorsätze, die fürs neue Jahr gefasst werden.
Mit diesen soll im neuen Jahr Vieles besser werden, wir mit eingeschlossen.
Oft aber überfordern uns diese Vorsätze. Schon bald ist alles beim Alten
und zurück bleibt Ernüchterung, ja Enttäuschung.
Ist ein neues Jahr wirklich in erster Linie eine moralische Angelegenheit?
Nein eigentlich ist ein neues Jahr zuallererst ein Geschenk. Wir können es
uns nicht erarbeiten, können es uns nicht verdienen. Es wird uns schlicht
und einfach in die Hände gelegt, es wird uns anvertraut. Ein kostbares
Geschenk freut uns, und es stimmt uns zutiefst dankbar. Wir möchten
möglichst gut damit umgehen.
So ist es auch mit der uns übergebenen Zeit eines neuen Jahres. Sie lässt
wegblicken von sich selber und auf den schauen, der uns das Jahr schenkt und
der uns in diesem Jahr begegnen will. Diesen behutsamen und vertrauensvollen
Umgang mit einem neuen Jahr hat Eduard Mörike in einem seiner Gedichte
ausgedrückt und lädt auch uns dazu ein:
In ihm seis begonnen,
der Monde und Sonnen
an blauen Gezelten
des Himmels bewegt.
Du, Vater, du rate!
Lenke du und wende!
Herr, dir in die Hände
sei Anfang und Ende,
sei alles gelegt!
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