Weg-Wort vom 13. August 2011
Liebe beantworten
Was machen wir nicht alles, um geliebt zu werden. Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie um
Ihre Liebe geworben haben? Von meinem Vater weiss ich, dass er, um seinen Schatz, meine
Mutter, zu sehen, mit dem Fahrrad von Rheinau ZH nach Davos GR gefahren ist. Das war
während des 2. Weltkrieges.
Und ich erinnere mich an die alte Frau, die mir in der Seelsorge ihre ganze
Lebensgeschichte erzählt hat. Sie hat von Klein auf bis zum Tod ihres Vaters alles
gemacht, nur um ein wenig Liebe vom ihm zu erhalten. Sie hat sich gedreht, gewunden, gegen
ihre Überzeugungen gehandelt, nur um ein gutes Wort von ihm zu erhalten!
Gekommen ist es nie - dieses gute Wort des Vaters. Nun ist er schon lange auf dem
Friedhof. Und seine Tochter, die alte Frau bei mir, ist so gezeichnet und verletzt, dass
es ihr tagtäglich weh macht. Mit Tränen in den Augen meint sie: "Ich hätte mich
auflehnen sollen gegen diesen Vater, wie es heute die jungen Menschen tun. Aber damals war
das für mich einfach nicht möglich."
Dann schweigen wir eine Weile. Langsam steht sie auf, bedankt sich und sagt: "Das hat
mir gut getan, meine Lebensgeschichte wieder einmal jemandem zu erzählen. Danke, dass sie
zugehört haben."
Beim Aufschreiben dieser Gedanken kommt mir diese Geschichte in den Sinn:
"Alle paar Tage kommt der kleine Moritz in die Apotheke und kauft ein
Schlankheitsmittel. Schliesslich fragt der Apotheker: "Ist das für deine
Mutter?" "Nein", sagt der Kleine, "für mein Kaninchen. Mein Vater will
es schlachten, wenn es fett ist."
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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