Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 8. Februar 2021
Alltagsheld
An unserem Bahnhof war am Sonntagmorgen ein Mann mit einem Greifer und einem Plastiksack
unterwegs um Abfall einzusammeln. Getränkedosen zwischen den eng stehenden Fahrrädern im
Ständer, die Zigarettenstummel auf den Stufen zu den Gleisen, eine Glasflasche unter der
Sitzbank, eine Zeitung auf dem Perron, ein Pappbecher, ein paar Masken, also alles, was
rücksichtslose Menschen uns hinterlassen, hat er aufgesammelt.
Eigentlich ist es ein gewohnter Anblick, dass jemand am Bahnhof Müll sammelt, nur hier war
kein Bahnhofsarbeiter im Einsatz. Ein Mann aus meinem Wohnort ist immer wieder einmal
unterwegs um den Müll einzusammeln, den andere Menschen verursachen. Auch wenn er bei uns
am Sonntagmorgen alleine unterwegs war, ist er nicht der einzige freiwillige und
unbezahlte Müllsammler. Ich sehe ab und zu Männer und Frauen mit Tüten, die den Abfall des
egoistischen Teils der Bevölkerung auflesen. Sie sind nicht nur am Bahnhof unterwegs,
sondern auch auf Wanderwegen, an Badestellen oder einfach an ihrem Wohnort. Sie sprechen
sich nicht ab, sie sind nicht vernetzt und sie sind doch Teil einer Bewegung, die etwas
Schlechtem entgegentritt. Sie versehen einen stillen Dienst an ihren Mitmenschen, an
dieser Welt und machen das auch für sich selbst. Diese freiwilligen Müllsammler erledigen
keinen niedrigen Dienst, sondern einen sehr noblen. Sie verhelfen unserer Umgebung zu
einem Zustand, in dem sie eigentlich sein sollte. Meine Freude über den Müllsammler war am
Sonntagmorgen grösser als mein Ärger über die Müllverursacher.
Bild von Christoph Schütz auf Pixabay
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