Weg-Wort vom 19. Mai 2010
Würze braucht es im Leben, aber nicht zu
Ich erinnere mich gut an den Weg, den ich mit mei-nem Vater gegangen bin
hinauf zum Hönggerberg, als Jugendliche ihm Chilischoten zum Essen
ange-boten haben. Er ist auf ihr Angebot eingegangen und die Freude war
auf beiden Seiten gross, als er diese scharfe Delikatesse genossen hat. Die
Schweiss-tropfen auf seiner Stirn haben die Jungs mehr gefreut, als die
ruhige Art des Genusses trotz allem. Die Liebe zu scharfen Gewürzen habe ich
nicht gestohlen. Curry, Peperoncini, Chili haben es mir angetan. Und dadurch
habe ich natürlich auch das Zuviel an Würze kennengelernt, das Zuviel an
Schärfe, als weder Brot noch Bananen, weder Wasser noch Bier etwas genützt
haben.
Der Unterschied zwischen Genuss und Qual, zwischen Freud und Leid ist nicht
gross. Es braucht ja auch nur zwei Buchstaben ihn zu umschreiben, diesen
Unterschied, der so viel, ja oft alles ausmacht. Zwei Buchstaben, und da
wird deutlich, wie wenig es braucht, um Grenzen zu überschreiten, um andere
zu überfahren, um aus einer freundschaftlichen Geste einen Übergriff werden
zu lassen. Im Schweizerdeutschen braucht es nicht einmal das ganze ZU, ein
Z mit Apostroph reicht. Zuviel Alkohol am Steuer, zu nahe, zu viel Salz
in der Suppe, zu hastig.
Suchen Sie diese ZUs in Ihrem Leben. Sie werden sicher fündig und erklären
Sie sie für überflüssig, verabschieden Sie so ein Zu nach dem andern aus
ihrem Leben, sorgfältig und bestimmt, aber nicht zu schnell: So können
scharfe Speisen wieder genossen werden, ohne dass sie zu scharf sind. So
kann eine Beziehung angegangen werden einfach nicht zu ....?
Sie erinnern sich an Jesu Salzwort (Mt 5, 13): Er sagt uns da, dass wir das
Salz der Erde seien, und als solches nicht fade werden sollen. Denn Salz,
das nicht mehr salzt, hat sein Bestimmung verloren und ist unbrauchbar. Aber
als Salz der Erde müssen wir achtsam sein, dass wir nicht zu viel salzen.
Salzloses Brot ist nicht gut, versalzenes jedoch ungeniessbar. Einen gut
gewürzten Tag wünsche Ich Ihnen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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